Schneller, höher, kürzer – Sexismus im Sport

In den letzten Jahren kam die Debatte um Sexismus im Sport immer deutlicher in den Vordergrund. In zahlreichen Sportarten wird die Leistung der Frauen stark unterschätzt und nicht wertgeschätzt. Auch Bekleidung und Preisgelder unterscheiden sich immer noch deutlich vom Leistungssport der Männer.

Von Neneh Sowe

Braun gebrannt und viel nackte Haut. In vielen Bereichen des Sports ist dies immer noch zu finden. Im Profisport bei Männern bilden Frauen die “hübsche” Deko an der Seite der “starken, erfolgreichen” Männer, die sich beim Sport völlig verausgaben. In kurzen Hosen und Top bringen sie den Siegern Medaillen, Pokale oder laufen beim Boxen im Ring herum, um Nummern in die Höhe zu halten. Ob als Cheerleader im Basketball, beim Eishockey als Halbzeitprogramm oder als Gridgirls, die die Rennfahrer mit Schirmen vor Regen oder Sonne schützen und bei der Siegerehrung neben den erfolgreichen “Kriegern” stehen. Dabei spielen sie aktiv keine Rolle, sie sollen nur schön aussehen, sind jung, schlank, groß und haben die ganze Zeit ein Lächeln im Gesicht.

Aber diese Präsentation von Frauen beschränkt sich nicht nur auf den Leistungssport der Männer. Vor allem beim Beachvolleyball der Damen ist die Kleiderordnung schon fast identisch. Sie tragen kurze Oberteile und knappe Bikinihosen, während Männer in Shorts und Tanktops um den Sieg kämpfen. Besonders erstaunlich ist, dass bis vor einigen Jahren die Bikinihose bei Frauen an der Seite maximal sieben Zentimeter breit sein durfte. Glücklicherweise wurde diese Regel zu den olympischen Spielen in London aufgehoben und auch die weiblichen Sportler dürfen jetzt lange Hosen oder Shorts tragen.

Ästhetik geht über Leistung

Natürlich fühlen sich einige Beachvolleyballerinnen auch in kurzen Hosen wohl, weshalb man dies nach wie vor sieht, aber für die Gesamtheit aller Sport treibenden Frauen kann dies nicht sprechen. Wenn man sich fragt, warum Frauen im Leistungssport Röcke und kurze Höschen tragen müssen, wird dies meistens mit der Tradition begründet, doch auch die könnte man überdenken. So wird bereits bei der Kleiderordnung die unterschiedliche Funktion des Sports bei Männern und bei Frauen deutlich. Bei Männern geht es um die Leistung. Schneller, höher weiter. Die Kleidung und das Aussehen steht im Hintergrund. Doch bei Frauen ist es das Gegenteil. Hier sehen viele eher die unterhaltende Funktion, die Sport haben soll. Es soll “schön anzusehen sein”. Diese Vorstellung wird allerdings auch teilweise von den Sporttreibenden selbst initiiert. Beispielsweise sieht man in den sozialen Medien wie Instagram viele Fotos von Sportlerinnen, die sehr leicht bekleidet sind, wohingegen die Männer eher Trainingsbilder von sich posten.

Erschreckend ist auch die Regelung, die für das Frauenboxen zur Debatte stand. 2012 bei den Olympischen Spielen in London wurde das Frauenboxen erstmals als olympische Disziplin zugelassen. Und prompt kamen Funktionäre auf die Idee die Frauen im Minirock boxen zu lassen. Letzten Endes wurden beide Möglichkeiten, also Shorts oder Röcke, zugelassen, aber allein diese Idee zeigt schon, wie wenig der Frauensport von einigen Menschen ernst genommen wird.
In Extremsportarten werden für Frauen kaum Wettbewerbe ausgetragen und sie sind auch nicht so populär wie die der Männer.

Mickrige Preisgelder

Zudem sind die Preisgelder für Frauen wesentlich geringer. Vor einiger Zeit sorgte ein Kommentar von Tennisstar Novak Djokovic für Aufsehen. Er forderte, dass die männlichen Tennisprofis wieder höhere Preisgelder bekommen sollten als die Frauen, da sich ein Publikum die – seiner Meinung nach – intensiveren und spannenderen Matches von Männern anschaue. Beim Surfen verdienen die Männer im Falle eines Sieges fast vier mal mehr als die Frauen. Grund dafür ist unter anderem, dass das Einkommen der Surferinnen mit ihrem früheren Gehalt vor Jahrzehnten und nicht mit dem heutigen Gehalt der Männer verglichen wird. Während die Männer in Shorts oder Neopren über die Wellen reiten, tragen die Frauen wieder Bikinihosen (es soll ja Strand-Feeling aufkommen) und kurze Neoprenshirts, auf denen die Sponsorenlogos zu finden sind. Im Surfsport ist es außerdem so, dass die Sportler und Sportlerinnen für die großen bekannten Surfmarken eher als Model als als Leistungssporttreibende gesehen werden. Der Erfolg, aber auch das Produkt, was beworben wird, rückt in den Hintergrund. Es wird sich auf den weißen, sportlichen, muskulösen (bei Frauen darf er nicht ganz so muskulös sein) Körper beschränkt, der am Strand entlang läuft und die „Surfmentalität“ verkörpert.

Missachtung der Medien

Neben dem normbedingten Auftreten der Sportlerinnen sorgen auch Moderatoren und Moderatorinnen für die unterqualifizierte Bewertung des Frauensports. Oft hört man sie über Frisuren der Frauen sprechen und häufig kommt es vor, dass Frauen im Interview nach dem Wettkampf zu ihren Haaren oder Fingernägeln oder anderen Äußerlichkeiten befragt werden. Im Männersport hingegen geht es um den Auftritt und die Leistung.

Allgemein tragen Medien dazu bei, dass der Sport der Männer ernster genommen wird. Beispielsweise werden die Welt-und Europameisterschaften in nahezu allen Sportarten viel größer und weiter im Voraus angekündigt. Die Weltmeisterschaften beim Hand- oder Basketball der Frauen werden beispielsweise nicht im Fernsehen übertragen. Jeden Samstag werden die Bundesligaspiele der Männer im Fußball in der „Sportschau“ gezeigt, dabei nicht nur die erste Liga, sondern auch Spiele von der zweiten und sogar dritten Liga. Von der Fußballbundesliga der Frauen wird pro Woche lediglich ein Spiel gezeigt.
Das Gehalt von Männern und Frauen unterscheidet sich im Fußball mit am deutlichsten. Während die Ablösen von männlichen Fußballprofis in die Millionenhöhe steigt, haben die Fußballerinnen alle ein zweites Standbein, da es sich vom Sport alleine nicht leben lässt.

Es ist also immer noch klar zu erkennen, dass der Sport im Bereich der Frauen noch nicht als Leistungssport erfasst wird. Eher wird es trotz des gleichen Aufwandes verniedlicht und als „entspannte Unterhaltung“ angesehen. Anstatt des Mottos „Schneller, höher, weiter“ gilt hier „Schneller, höher, kürzer“.

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