Die Qual der Wahl: Studierendenratswahl
Ein kleiner Überblick über die verschiedenen Listen und eine aufschlussreiche Campus-Umfrage
Von Rike Düsterhöft & Florian Fabozzi
Heute ist es wieder einmal so weit: Die Studierendenratswahl steht vor der Tür. Wir haben im wahrsten Sinne des Wortes die Qual der Wahl. Sowohl Christ-Demokrat*innen, als auch Tierrechts-Studierende oder ideologiefreie Liberale kann man zu den Wahlkabinen strömen sehen. Wir vom Scheinwerfer haben versucht ein wenig Licht ins Dunkle zu bringen und die einzelnen Listen für euch aufgespürt. Außerdem waren wir noch auf dem Campus unterwegs um ein paar von euch zum Thema Hochschulpolitk und Wahl zu befragen. Eines steht schließlich fest: Wer diese Woche nicht wählen geht, kann nachher auch nicht meckern.
DOPE
Wahlergebnis 2017: nicht angetreten
Die fünfte Liste „DOPE“ ist eine Abkürzung für „Die Opposition – Progressives Empowerment“. Die Partei versteht sich als „multikulturelle Liste für Fortschritt und Gerechtigkeit“. Im Allgemeinen möchte „DOPE“ soziale Benachteiligungen beheben. Unter anderem fordert die Liste eine zusammenfassende Chip-Karte, welche das Semesterticket, die Mensa-Karte, den Bibliotheksausweis und den Studienausweis vereint. Ebenso soll es kostenlose Wasserspender, kostenlose Möglichkeiten zum Ausdruck von schriftlichen Arbeiten und kostenlose Sprachkurse an der Universität geben. „DOPE“ möchte den Holocaust-Gedenktag an der Universität als vorlesungsfreien Tag mit Gedenkveranstaltungen einführen. Nicht zuletzt sollen studentische Genossenschaftswohnungen gefördert werden und die Prüfungsanmeldung auf PABO abgeschafft werden.
Was sagen eigentlich die Studierenden?
Wir waren auf dem Boulevard unterwegs und haben 30 Personen zu den bevorstehenden Wahlen, ihrer Haltung zur Hochschulpolitik und ihren politischen Wünschen befragt. Wenngleich dies keine repräsentative Anzahl von Stimmen ist, taugte die Umfrage als ein Querschnitt durch die Studierendenschaft der Uni.
Die unsichtbare Hochschulpolitik
Als wir die Studierenden mit dem Begriff Hochschulpolitik konfrontierten, ernteten wir vor allem fragende und ausdruckslose Blicke. Mit dem Begriff „Hochschulpolitik“ verbinden viele Studierende überhaupt nichts, bzw. die hochschulpolitischen Instanzen werden gar nicht erst wahrgenommen. Es fehle die Transparenz zu hochschulpolitischen Prozessen und die verantwortlichen Akteure sind „unsichtbar“. Eine Person bemängelte die unzureichende Informationslage: „Nur im Vorfeld von Wahlen werden Studierende über Beschlüsse oder Ähnliches informiert, aber dann mit elend langen Texten.“ Ansonsten höre man nichts von diesen Themen und hat entsprechend kein Vorwissen. Partizipation erscheint schwierig, wenn Studierende nur wenig eingebunden werden. Der „Wahlkampf“ beschränkt sich auf Plakate mit Inhalten, die zum Teil schlagkräftig sind, doch wenig über das Programm der Liste an sich verraten. Auch die Frage nach dem „Wie“ bleibt unbeantwortet. Die Einführung von festen Tarifen für studentische Hilfskräfte etwa ist ein sinnvolles Unterfangen, doch über den Plan zur Umsetzung herrscht Stillschweigen.
Schon lange, so ein Kritikpunkt, würde über die selben Themen gesprochen, aber genauso lange habe sich nichts verändert. Die Probleme bleiben die selben, genau wie die Beteuerungen, dass bald alles besser wird. Es werde, so eine andere befragte Person, nicht genügend für den einzelnen Studierenden getan.
Die positiven Stimmen sind in der Unterzahl. Interessant, komplex und sinnvoll sei die Hochschulpolitik, doch es sei auch schwierig sich einen Durchblick zu verschaffen.
Insgesamt haben sich zwei Drittel der Befragten vorgenommen, wählen zu gehen. Sofern sich das bewahrheitet, darf man wieder zarte Hoffnungen auf eine Wahlbeteiligung von über 10% hegen.
Leidthema Bürokratie
Bei aller Kritik an der Hochschulpolitik, stellt sich als nächstes die Frage, an welchen Stellschrauben gedreht werden müsse. Was sind die Themen, die die Studierenden wirklich interessiert?
Kritisiert wird vor allen Dingen die unnötige Bürokratie an der Uni Bremen. Manchmal, so die Kritik, werde man nur für eine Unterschrift und die Anerkennung von Dokumenten von Amt zu Amt geschickt. Die Zuständigkeitsbereiche sind nicht immer konkret abgesteckt. Das Prüfungsamt agiere zu starr, unflexibel und erlegt den Studierenden zu viele Regeln auf. Die Anmeldefristen sind ebenfalls ein Ärgernis. Einige wollen sie weiter nach hinten verlegen, andere ganz abschaffen.
Ein Dauerthema ist auch die mangelnde Subvention von vegetarischen und veganen Angebot an der Mensa. 2017 zeichnete die PETA die Uni Bremen als eine der veganfreundlichsten Universitäten Deutschlands aus, aber offenbar gibt es immer noch Verbesserungsbedarf.
Beunruhigt sind eine Vielzahl der Studierenden ob der schlechten Arbeitsbedingungen von studentischen Hilfskräften. Die Einführung von festen Tarifen für „Hiwis“ ist fester Bestandteil des Programms vieler Parteien – ein seltenes, aber gelungenes Beispiel dafür, dass die Parteien die Sorgen der Studierenden aufgreifen.
Kopfzerbrechen bereitet einigen Befragten der horrende Preis für Sprachkurse im Fremdsprachenzentrum. Für einen 30-stündigen Kurs sind 80€ fällig. Für 60 Stunden müssen die Studierenden dementsprechend 160€ zahlen. Gerade da viele Studierende den Schritt ins Ausland wagen, sei es für Praktika oder Auslandsstudium, sollte ihnen beim Erlernen einer Sprache keine finanziellen Hürden in den Weg gestellt werden.
Nein zur Anwesenheitspflicht
Ein ständiger Gegenstand von Diskussionen ist die Anwesenheitspflicht – ist sie sinnvoll oder nicht? 24 der 30 befragten Studierenden sprachen sich gegen die Anwesenheitspflicht aus. In der Universität sollte weiter das Recht zur Selbstorganisation gelten. Schließlich würden viele nebenbei arbeiten oder hätten einen Kind daheim, um das sich gesorgt werden muss.
Die Befürworter*innen der Anwesenheitspflicht wiesen darauf hin, dass gerade Seminare auf der Diskussion und auf der Interaktion zwischen Dozierenden und Studierenden basieren. Gegner*innen der Anwesenheitspflicht wenden ein, dass Personen, die ein Seminar nur besuchen, weil sie es müssen, ohnehin nichts zur Diskussion beitragen. Ein möglicher Kompromiss, der genannt wurde, ist etwa die Einführung einer Mindestanzahl von zu absolvierenden Stunden, also eine etwas loserer Form der Anwesenheitspflicht. Oder man trifft eine Unterscheidung zwischen Vorlesungen und Seminaren. Den Inhalt von Vorlesungen könne man im Zweifelsfall mühelos nachholen, wenn man sie verpasst. Bei Seminaren, die von Natur aus offener sind, gestaltet sich das schwieriger. Allerdings sprachen sich in der Umfrage die große Mehrheit der Studierenden für eine komplette Abschaffung der Anwesenheitspflicht in jeglicher Form aus.