Das ScheinWerfer Weihnachts-Special #4
„Verantwortungsbewusstes Erwachsensein und kindliche Weihnachtsfreuden“
Von Annette Bögelsack
Ich kann mich nicht erinnern, als Kind an den Weihnachtsmann geglaubt zu haben. An das Christkind übrigens auch nicht. Allerdings erinnere ich mich an den Ärger, den ich im Kindergarten bekommen habe. Wieso? Weil ich den anderen Kindern doch tatsächlich erzählte, es gäbe gar keinen Weihnachtsmann und die Geschenke kämen von unseren Eltern. Das hätte ich mit vier Jahren auch besser wissen können, dass man so etwas nicht einfach behaupten kann.
Natürlich kannte auch ich die Geschichten vom Mann in rot-weißem Anzug, der jedes Jahr in seinem Schlitten angeflogen kommt, gezogen von seinen treuen Rentieren – allen voran der gute Rudolf mit der besonders roten Nase. Trotz seines beachtlichen Körperumfangs – Frau Santa kocht eben gerne und gut – und obwohl der riesige Sack voller Geschenke sogar noch dicker ist, passt er auf wundersame Weise durch Schornstein und Kamin und landet sicher in jedem Wohnzimmer, wo er Kinder auf der ganzen Welt mit tollen Geschenken beglückt. Und das alles in einer einzigen Nacht!
Und obwohl mir bereits in jungen Jahren klar war, dass diese Figur nicht existiert, flossen die Geschichte in meine Vorstellung von dem perfekten Weihnachten ein. Es konnte gar nicht genug Geschenke geben, nicht genug kitschige Filme, nicht genug Kekse und leckere Naschereien. Doch es ist so, wie mit allen Dingen im Leben: Je älter man wird, desto mehr bekommt einen die knallharte Realität zu fassen. Klar, Weihnachten ist nur Kommerz. Es geht doch nur um Konsum und darum, wer die teuersten Geschenke unter dem Baum liegen hat. Nächstenliebe? Hilfsbereitschaft? Anderen eine Freude machen? „Bah! Humbug!“
Lange Zeit empfand ich es als äußerst kritisch, Kindern so schamlos etwas vorzulügen. Und gleichzeitig als „aufgeklärter“ Erwachsener voll und ganz dem Konsum zu frönen. Nicht, dass ich besonders religiös wäre – aber es kam mir doch falsch vor, alle Hoffnungen und Sehnsüchte auf einen großen Haufen Geschenke zu projizieren, von denen die meisten in einem Jahr eh wieder out sein würden.
Doch dann ging mir – um eine weihnachtliche Metapher zu bemühen – ein Licht auf. Weihnachten, das kann alles Mögliche sein: Die Feier der Geburt Jesu Christi, ein toller Anlass, den Liebsten eine kleine (oder auch große) Freude zu bereiten, aber auch Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft und Solidarität mit weniger begünstigten Mitlebewesen zu zeigen. Weihnachten, das können auch einfach ganz normale Tage wie alle anderen sein – wenn man z.B. kein (gläubiger) Christ ist oder vielleicht ganz andere Feiertage hat.
Für mich bedeutet Weihnachten, wieder ganz Kind sein zu können: Adventskalender, Naschereien, und mich mit einer schönen Tasse Tee, eingemummelt in eine flauschige Decke, auf die Couch zu kuscheln und an den Filmen meiner Kindheit zu erfreuen: „Die Weihnachtsgeschichte“, „Annabelle die Weihnachtskuh“, „A Nightmare before Christmas“ oder natürlich „Kevin allein zu Haus“. Weihnachten bedeutet für mich Besinnlichkeit im Kreise der Familie, die Gelegenheit, innezuhalten und dankbar für das zu sein, was man hat, alle Streitigkeiten bei Seite schieben und eine schöne Zeit miteinander verbringen zu können. Und ja, für mich bedeutet Weihnachten auch Geschenke zu bekommen. Aber auch zu verschenken, gerne auch selbstgemachte Sachen. Anderen – und damit auch sich selbst – eine Freude zu machen.
Ganz egal, wie man diese Zeit des Jahres für sich selbst definiert: Ob man lieber geben möchte oder sich darüber freut, zu bekommen. Ob man die Großfamilie trifft oder sich lieber eine Woche mit Videospielen einschließt. Ob man in die Kirche geht oder die Weihnachts-CD der Toten Hosen hört. Ob man an Gott, Jesus, den Weihnachtsmann oder das Christkind glaubt – oder mit all diesen Figuren nichts anfangen kann. Ob man die Weihnachtszeit zur schönsten Zeit des Jahres macht oder den Dezember verbringt wie jeden anderen Monat – Weihnachten kann sein, was immer man möchte.
In diesem Sinne: Die SchweinWerfer-Redaktion wünscht euch allen Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!