Im Namen der „Vierten Gewalt“

Filmrezension

Steven Spielbergs Film „Die Verlegerin“ zeigt mithilfe des Vietnamkrieges einen emotionalen Kampf für die Pressefreiheit

Von Leander Löwe

Stimmen: laut, impulsiv, eindringlich. Sie diskutieren scharf, reden alle auf eine Frau ein, die allein im Bild am Telefon steht. „Lasst es uns tun!“, haucht sie in den Hörer und legt ihn mit zitternder Hand auf die Gabel. Viel Gefühl schwingt in dieser Handlung mit. Menschlichkeit, Zurückhaltung und dennoch Entschlossenheit und Standhaftigkeit. Sie zeigt damit eine Art des Feminismus, die jeden Zuschauer in seinen Bann zieht. Denn im gesamten Film muss diese Frau um ihre Anerkennung kämpfen – bis sie schließlich alles riskiert, was sie besitzt.

Die Schlüsselszene in Steven Spielbergs neuem Drama „Die Verlegerin“ zeigt Schauspielerin Meryl Streep in Bestform. Sie spielt die Katharine “Kay” Graham, die unsichere Verlegerin der „Washington Post“, die durch die Affäre um die Pentagon-Papiere über sich selbst hinaus wächst. Ihr Mann erbte das Blatt von ihrem Vater, der es 1933 gekauft und zu einer bekannten regionalen Zeitung ausgebaut hatte. Als dieser Ehemann Suizid begeht, ernennt sie sich selbst zur Verlegerin. Der Job, den sie zunächst als Familienpflicht übernimmt, wandelt sich während des Films jedoch zur einzigartigen Berufung.

Dabei an ihrer Seite: Tom Hanks als Chefredakteur Ben Bradlee. Dessen Rolle zeigt oft gradlinige Charakterzüge, wobei er stets für die Wahrheit kämpft. Er möchte sich nicht durch Repressalien des damaligen Präsidenten Nixon unterkriegen lassen. Und doch gerät er, genauso wie „Kay“, wegen der brisanten Inhalte der Pentagon-Papiere, geheimen Informationen zum Vietnamkrieg, in einen Gewissenskonflikt. Schließlich war er mit John F. Kennedy befreundet. Aber der energische Journalist kann den plagenden Gewissensbissen etwas entgegensetzen: „Der einzige Schutz des Rechts auf Veröffentlichung, ist Veröffentlichung.“ Zu diesem Zweck arbeitet er sogar mit den ärgsten Konkurrenten, der New York Times, zusammen. Zudem schafft er es sich in die Lage seiner Vorgesetzten „Kay“ einzufühlen, die mit der Veröffentlichung dieser Story alles verlieren könnte.

Dabei wird die Vielschichtigkeit der Thematik deutlich: Was darf Journalismus? Wo fangen Geschäftsbeziehungen an und wo hören Freundschaften auf? Schützt die Presse die Regierenden oder die Regierten? Was sollte dem Einzelnen die Wahrheit wert sein?

Als meistnominierte Schauspielerin aller Zeiten wurde Meryl Streep für ihre Glanzleistung auch dieses Jahr wieder für den Oscar nominiert – als beste Hauptdarstellerin. Abgerundet wird Steven Spielbergs Inszenierung durch den Rest des Casts: Bob Odenkirk (bekannt als Saul Goodman in Breaking Bad und Better Call Saul), Sarah Paulson (12 Years a Slave, American Horror Story) und Alison Brie (Mad Men) seien hier stellvertretend genannt. Doch auch Spielberg selbst durfte sich bei der diesjährigen Verleihung in der Kategorie „Bester Film“ über eine Nominierung freuen. Er scheint immer mehr Gefallen daran zu finden, historische Ereignisse aus dem 20. Jahrhundert filmisch umzusetzen, schließlich ist „Die Verlegerin“ nach „Bridge of Spies“ nun schon sein zweites Drama in zwei Jahren, das sich auf reale Ereignisse stützt.

Von vielen Kritikern wird der Film zudem als Reminiszenz an Donald Trump gesehen, der in einem ähnlichen Stil wie Präsident Nixon versucht, die Medien zu diskreditieren, Journalisten angreift und alternative Fakten erfindet. So schreibt „The Indepentent“ Donald Trump sei „the new Richard Nixon – without the brains“. Auch Zitate im Film ziehen zweideutige Analogien, zum Beispiel als „Kay“ ihrer Tochter erklärt: „Es ist schwer „Nein“ zu einem Präsidenten der Vereinigten Staaten zu sagen.“

Der Film ist mit einer starken Besetzung letztlich wohltuend erfrischend, spannend und angenehm politisch, wenn einem die Pressefreiheit und die freiheitlich-demokratische Grundordnung am Herzen liegen.

Titelbild: Ben Bradlee (Tom Hanks) und Katharine Graham (Meryl Streep) beim Morgenbriefing. 

© Universal Pictures International Germany GmbH.

Trailer:

 

Daten:

Titel: Die Verlegerin

Originaltitel: “The Post”

USA 2017, Regie: Steven Spielberg

Drehbuch: Liz Hannah, Josh Singer

Darsteller: Meryl Streep, Tom Hanks, Alison Brie, Carrie Coon, David Cross, Bruce Greenwood, Tracy Letts, Bob Odenkirk, Sarah Paulson, u.a.

FSK: ab 6 Jahren

Länge: 117 Minuten

Start: 22. Februar 2018

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *