Luftfotografie der neuen Generation

Die Möglichkeiten der modernen Technik scheinen grenzenlos. Eine neuere Erfindung sind sogenannte Drohnen, im privaten Gebrauch eher Multicopter genannt. Per Fernbedienung steuerbar und mit einer großen Reichweite sind sie kleine Alleskönner. Dieser Artikel widmet sich besonders einem Bereich: der Fotografie mit diesem technischen Wunderwerk, welches Aufnahmen aus der Luft ermöglicht und Bilder einzigartig macht.

Von Marius Barth

Eike Schurr, 26, Gründer von Blondsign by Eike Schurr, befindet sich seit Ende des Jahres 2014 auch in den Reihen der professionellen Multicopter-Fotografen. Als sich für ihn die Gelegenheit ergab, erwarb er eine DJI Phantom 2, einen sogenannten Quadrocopter.
Warum Quadrocopter? 4 Propeller treiben dieses kleine Gerät an und steuern es durch Neigen in der Luft. Durch die „X-Konfiguration“ (die jeweils gegenüberliegenden Propeller haben die gleiche Drehrichtung) wird dafür gesorgt, dass der Multicopter sich sehr akkurat im Raum bewegen kann und auch die Fähigkeit besitzt, starke Winde auszugleichen.
Doch dies ist nicht alles, was man braucht, damit man auch wirklich etwas festhalten kann. Herr Schurr betonte die Relevanz des „Gimbals“; dabei handelt es sich um eines der wichtigsten Teile des kleinen Fliegers. Unter dem Multicopter selber ist eine GoPro-Kamera befestigt. Doch da sich das neue Fotografenutensil durchgehend in der Luft bewegt und sich somit neigt, wackelt und auch mal unvorhergesehene Bewegungen macht, reicht es nicht einfach aus, die Kamera unter den Multicopter zu kleben. Etwas muss alle diese Bewegungen ausgleichen und damit dem Wackeln entgegenwirken. Dies tut der Gimbal. Er stabilisiert die Kamera und gleicht jede Bewegung während des Fluges aus. Egal ob drehen, wackeln oder was auch immer der Pilot an Bewegungen tätigt, die kardanische Aufhängung stabilisiert die Kamera genug, damit einwandfreie Fotos aus jeder Situation heraus geschossen werden können. Dieses Element, welches die atemberaubend ruhigen Bilder ermöglicht, wird übrigens aus dem Kamera-Akku mit versorgt.

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Foto: Marius Barth

Herr Schurrs Fotocopter ist noch persönlich modifiziert und somit nicht im Laden erhältlich. Der Gimbal ist mit Kamera selbst unter dem eigentlich selbstständigen Multicopter befestigt. Doch kommen bald auch fertige, aufnahmefähige Modelle auf den Markt, die extra für die Fotografie entwickelt wurden und somit optimiert sind.
Die Phantom 2 besitzt neben einer automatisierten Flugstabilisierung (die dafür sorgt, dass der Flieger auch bei starkem Wind in der Luft bleibt) eine Funktion, welche bei Ausfall der Steuerung den Multicopter zu ihrem Ausgangsstandort zurückkehren lässt. Und dies, laut Schurrs Angabe, mit erstaunlicher Genauigkeit. Trotz dieser technischen Finessen ist die Steuerung der Kamera nicht einfach. Der Multicopter wird mit einer Fernsteuerung inklusive Bildschirm für eine Liveübertragung der Kamera gesteuert, was einiges an Übung erfordert. Doch Herr Schurr steuert das Gerät mit Geschick, lässt den Multicopter steigen, senken, und kreisen. Die theoretische Reichweite und maximale Höhe der Phantom 2 liegen laut Schätzungen und Tests von Fans und Privatpersonen bei einer Entfernung von bis zu zwei Kilometer, bis das Signal der Fernsteuerung abbricht, sowie bei einer theoretisch maximalen Höhe von 2300 Metern.

Wahnsinnige Zahlen. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Man kann sich nicht einfach einen Multicopter im Laden kaufen, eine Kamera darunter schrauben und auf die Jagd gehen. In Deutschland zählt eine Drohne mit integrierter Kamera als kommerziell und ist damit anmelde- und lizenzpflichtig. Das alleinige Fliegen ist für Geräte unter fünf Kilogramm lizenzfrei erlaubt, mit Einschränkungen; so darf beispielsweise nicht über Menschen geflogen werden. Dies hat auch seinen Grund: Abgesehen von der Gefahr eines abstürzenden Gerätes spielt hier der Datenschutz eine große Rolle. Zwar ist es – wie viele vielleicht aus Aufnahmen von Festivals oder Ähnlichem kennen – nicht verboten, Personen mit aufzunehmen, die bei öffentlichen Veranstaltungen zugegen sind und nicht als Hauptmotiv gelten. Gleiches gilt auch für die Multicopter. Alle Vorschriften, die für die Aufnahme normaler Videoaufnahmen gelten, gelten ebenso für Aufnahmen aus der Luft. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist immer noch gültig und damit die generelle Aufnahme von Personen verboten. Eine Besonderheit beim Multicopter ist jedoch, dass ganz klar zwischen einer reinen „Live View“ Funktion und dem tatsächlichen Aufnehmen und Speichern von Bildmaterial unterschieden wird. Allgemein geht das Recht davon aus, dass es bei dem reinen Steuern eines solchen Fliegers (ohne den Hintergedanken, die Bilder zu speichern) nicht zu einer Einschränkung des Entfaltungsinteresses kommt. Ein interessantes Thema, welches aufgrund der Natur eines Multicopters zur Diskussion anregt und sich natürlich weiterentwickeln wird. Ganz verboten ist in Deutschland jedoch das Steigenlassen von vollautomatisierten Multicoptern, die eigenständig fliegen.
Lizenzen sind je nach Bundesland unterschiedlich teuer; hier in Bremen bezahlt Herr Schurr 100€ für zwei Jahre Fluggenehmigung. Ihm wurde eine Aktennummer zugeteilt und er muss sich vor jedem Start bei der Polizei anmelden, darf nur in Sichtweite und nur unter 100 Metern fliegen und es bedarf einer Flugversicherung, die sehr große Schadenshöhen abdecken muss. Sperrzonen sind komplett tabu und ebenfalls muss man sich nach getaner Arbeit abmelden.

Kommerzielles Fliegen kann auch stressig sein. Abgesehen von der jedes Mal einzuholenden Genehmigung gibt es jedoch nur wenige Einschränkungen bei einem Multicopterflug. Das Wetter sollte zwar geeignet sein – ein Orkan wäre nicht sehr förderlich, doch räumliche Beschränkungen gibt es wenige. Egal ob Berge, Bunker, Wälder oder Paraden (für die man jedoch zum Beispiel eine Sondergenehmigung braucht), solange man ein guter Pilot ist, kann man Bilder und Videoaufnahmen machen, die einem sonst verwehrt bleiben würden.
Eine große Begrenzung ist dabei jedoch der Akku. Ungefähr 15 Minuten, variierend nach Wind und Auslastung, kann der Multicopter damit fliegen. Deshalb hat Herr Schurr immer zwei Akkus dabei, womit seiner Meinung nach die Zeit für ein geplantes Fotomotiv ausreicht.
Ein Problem stellen die vielen Amateurflieger dar. Sie melden ihre Flüge nicht an, senden auf Frequenzen, auf denen andere ebenfalls fliegen oder senden und es kommt zu Überschneidungen. Hier ist Unwissenheit der größte Feind. Wenn plötzlich, wie es bei Herrn Schurr einmal geschah, das Bild eines fremden Multicopters auf dem Bildschirm erscheint, ist man nicht nur verwirrt, es ist auch gefährlich. Herr Schurr denkt, es könnte eben aufgrund solcher Amateure dazu kommen, dass man bald eine Art „Führerschein“ braucht, etwas, was den Luftraum deutlich sicherer machen könnte und die Wahrscheinlichkeit für Unfälle – wie bei Frau Merkel oder Enrique Iglesias – senken könnte.

Die Möglichkeiten von Multicoptern und Drohnen sind gigantisch: Von Krisenhilfe über einmalige Videoeindrücke bis hin zum Transport. Erfinder blühen vor Ideen und die Industrie entdeckt einen neuen Markt, der grenzenlos scheint. Doch es ist nicht ungefährlich. Zwar sind die meisten der kaufbaren kleinen Geräte nicht über fünf Kilogramm schwer, doch kann ein zum falschen Zeitpunkt gestarteter Quadrocopter einen Rettungsflug beeinträchtigen oder eben durch Behinderung der Luftfahrt zu schweren Konsequenzen führen. Die Rechtsprechung wird bald nachziehen und die staatlichen Behörden werden diesen immer größer werdenden Trend auch bald ernster nehmen und eventuell auch für sich nutzen – wie die Berliner Polizei, die bereits ihren eigenen Multicopter hat. Eines ist klar: Bilder, die damit gemacht werden, sind nicht nur beeindruckend, sondern vermitteln ein einzigartiges Gefühl.

 

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