“Lieber Krimi als tiefgründiger Roman”
Interview mit der Bremer Autorin Lena Häfermann
Kommissarin Mia Knoll wird von München nach Bremen versetzt. Dort überrascht sie nicht nur ein komplizierter Mord an dem Inhaber einer Werbeagentur, sondern auch ein völlig neues Arbeitsumfeld und der übliche Kulturschock, der jeden Nicht-Norddeutschen in Bremen überkommt…
Lena Häfermann weiß, wovon sie schreibt. Die aus Gittelde stammende Autorin ist selbst vor über 10 Jahren nach Bremen gezogen und arbeitet dort nach ihrem Studium der Kulturwissenschaft als freie Texterin und PR-Referentin. Ihre Erfahrungen sind sicherlich Teil ihres ersten Regionalkrimis „Mordsreklame“ geworden. Ein Grund, die junge Autorin in diesem Interview einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
ScheinWerfer: Sie arbeiten als Texterin, haben an einem Reiseführer für Bremen mitgeschrieben und den Krimi „Mordsreklame“ veröffentlicht. Schreiben und die Arbeit mit Texten scheinen demnach Ihre Leidenschaft zu sein. Wie sind Sie zum Schreiben gekommen, und was bedeutet es für Sie?
Häfermann: Ich habe schon immer gern geschrieben – kurze Gedichte und Geschichten zum Beispiel. Nach meinem Studium habe ich zunächst eine Ausbildung zur PR-Beraterin gemacht, dabei aber gemerkt, dass mir das Schreiben und Formulieren mehr liegt als beispielsweise die direkte „Akquise“ mit Journalisten. Also habe ich meinen Schwerpunkt aufs Texten verlegt. Das Schreiben von Geschichten – und hoffentlich noch weiteren Büchern – macht mir einfach Spaß; es hat mehr als Hobby angefangen und wird nun nach und nach auch zu meinem Beruf. Da ich als Kind schon gern gelesen habe, finde ich es toll, jetzt auch ein Buch veröffentlicht zu haben.
„Mordsreklame“ ist ein Regionalkrimi. Was hat Sie dazu veranlasst, einen Krimi zu schreiben, und warum haben Sie Bremen als Schauplatz gewählt?
Ein Krimi ist einfacher zu schreiben als ein tiefgründiger Roman. Es passiert ein Mord, und der muss aufgeklärt werden. Da hat man schon mal das Grundgerüst. Ich mag die Regionalkrimis aus dem Fernsehen im Vorabendprogramm. Die sind oft heiter und nicht so blutrünstig. Mit dieser Vorliebe fiel es mir recht leicht, mir etwas Ähnliches einfallen zu lassen. Bremen ist deshalb Schauplatz geworden, weil ich in der Zeit, in der ich den Krimi angefangen habe, gar nicht in Bremen gewohnt und die Stadt vermisst habe. Die Gedanken und Gefühle, die Mia Knoll besonders in der Anfangsszene hat, bezogen sich bei mir damals auf Hannover: ein bisschen Heimweh, ein bisschen Einsamkeit.
Sie leben jetzt schon seit über 10 Jahren selbst in der Hansestadt. Was führte Sie dort hin, und was ließ Sie dort bleiben?
Dieses Jahr im Herbst sind es sogar schon 13 Jahre. Ich bin nach meinem Abitur zum Studieren nach Bremen gekommen. Verschiedene Praktika und Jobs haben mich zwar immer mal wieder weggeführt, aber Bremen ist mein Zuhause geblieben. Besonders natürlich, weil meine Schwester und meine Freunde hier leben. Aber auch, weil ich die Stadt schön und lebenswert finde. Deshalb habe ich es nie länger als ein Jahr woanders ausgehalten und habe mich immer wieder schnell bemüht zurückzukommen.
Mia Knoll erlebt in Bremen zunächst einen Kulturschock. Ständig schlechtes Wetter, wortkarge Menschen und alles typisch dem norddeutschen Klischee entsprechend. Ging es Ihnen in Ihrer ersten Zeit in Bremen ähnlich, können Sie die Klischees bestätigen?
Nein, überhaupt nicht. Ich fand die Menschen hier von Anfang an sehr freundlich und hilfsbereit. Ich erinnere mich, als ich in meinen ersten Tagen hier mit dem Stadtplan unterwegs war (2005 gab es ja noch keine Smartphones mit Google Maps), um Wohnungen zu besichtigen. Ich wurde oft angesprochen und gefragt, ob man mir helfen könne, wenn ich verloren an einer Straßenecke rumstand und nicht wusste, wo es lang ging. Unterschiede im Wetter sind mir nicht so sehr aufgefallen. Südniedersachsen ist ja (leider) nicht Südfrankreich.
In „Mordsreklame“ geht es um die Arbeit in einer Werbeagentur und auch darum, dass Praktikanten häufig ausgebeutet und schlecht behandelt werden. Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht?
Direkt schlecht behandelt wurde ich nicht. Um mich schlecht behandeln zu lassen, bin ich vermutlich auch zu zickig. Da würde mir eher eine bockige, unpassende Antwort rausrutschen, als dass ich mich wie ein geprügelter Hund von dannen mache. Aber ein bisschen ausgebeutet fühlte ich mich nach dem zigsten unbezahlten Praktikum oder der Trainee-Stelle für 500 Euro brutto schon … Besonders, weil ich mich auch ein bisschen hilflos fühlte und nicht wusste, ob das mal besser wird.
Ist es Ihnen wichtig, dass die Leser sich mit dem Thema „Generation Praktikum“ befassen und darüber aufgeklärt werden?
Ja. Das war mir damals beim Schreiben tatsächlich ein großes Anliegen. Ich fand es einfach unfair, für so wenig oder gar kein Geld in Vollzeit zu arbeiten, weil ich „nur“ Kulturwissenschaft studiert hatte. Aber ich sah auch keinen anderen Ausweg, als die Jobs anzunehmen. Ich dachte, wenn ich das jetzt nicht mache, macht es ein anderer. Dass die Unternehmen gar keinen finden und sich dann irgendwann überlegen, doch ein Gehalt anzubieten, hielt ich für sehr unwahrscheinlich. Mittlerweile muss ich beschämt zugeben, dass es etwas in Vergessenheit geraten ist. Ich weiß gar nicht so genau, ob sich da was geändert hat.
Und zum Schluss die wichtige Frage: Dürfen sich die Leser auf einen weiteren Bremen-Krimi mit der Kommissarin Mia Knoll freuen?
Ja, auf jeden Fall. Die Fortsetzung ist bereits in Arbeit. Ich tüftele aber noch an der Grundstory.
Dieses Interview führte Saskia Langrock
Foto: Schardt Verlag