Von rassistischen Hündchen und atheistischen Muslimen

Rezension „Ich bin Ausländer und das ist auch gut so“

Er sitzt in der U-Bahn irgendwo in Deutschland, ihm gegenüber eine Frau. Sie  trägt einen altmodischen Nerzmantel, der zu ihrem Alter passt. Auf ihrem Schoß  hält sie ein kleines Hündchen, ein rassistisches Hündchen um genauer zu sein:  Jedes Mal, wenn es den Mann anguckt, winselt es und hat sichtlich Angst. Permanent versichert die Dame dem kleinen Haufen Fell, dass es keine Angst zu haben brauche vor dem „nicht Einheimischen“. Schließlich steigt der Fremde aus und der Hund wird erlöst von der Qual.

Von Elina Fläschner

So erzählt es der Autor Mahmood Falaki in seinem Buch „Ich bin Ausländer und das ist auch gut so“.  Er ist in den 80er Jahren aus Persien geflohen und lebt nun in Hamburg. Er berichtet in dem Werk, das vor kurzem neu aufgelegt wurde, von skurrilen  Dialogen und merkwürdigen Missverständnissen, die er seit seiner Flucht in Deutschland  erlebt hat.

Die Anekdoten beleuchten das „Ausländer-Sein“ von einer anderen Perspektive. Als besonders interessant und befremdlich zugleich empfand ich die Passagen, in denen Falaki beschreibt, wie er sich im Alltag manchmal als Hinzugezogener ohne Sprachkenntnisse ausgibt und das Verhalten seines Gegenübers genau beobachtet. Das Buch ist ein klares Statement Falaki‘s: Er ist stolz auf seine Herkunft und seinen Status in Deutschland. Gleichzeitig betont er in dem Roman jedoch, Einheimischer und kein Ausländer zu sein (zum Beispiel S. 89), was in mir ein Fragezeichen hinterlässt. Ist er, je nach Situation, mal Ausländer, mal Einheimischer, je nachdem wie es ihm am besten passt? Ist er weder in der einen, noch in der anderen Rolle angekommen und genauso verwirrt wie ich über die Einordnung in die Schubladen „Ausländer“ und „Einheimischer“? Oder braucht es gar keine Rollenzuordnung, schließlich ist ja jeder von uns irgendwo auf der Welt ein*e Fremde*r. Das passt gut, denn Falaki wandelt in den Geschichten häufig seine Rolle: Manchmal beschließt er, trotz hervorragender Deutschkenntnisse, seinen Mitmenschen vorzuspielen, der Sprache nicht mächtig zu sein und beobachtet ihre Reaktionen.

Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich mit dem Buch warm geworden bin. Die ersten Seiten plätscherten vor sich hin, ohne mich richtig anzusprechen. Je mehr Kurzgeschichten ich gelesen habe, desto facettenreicher erschienen dann die Beobachtungen des Autors. Hier ist besonders interessant, welche Bandbreite an Situationen vorliegt: vom Klamottenkauf im Kaufhaus über Bahnfahrten bis hin zu Gesprächen in Cafés.

Viele der Situationen wirkten sehr abstrakt auf mich, da ich als Migrantenkind, dem man das nicht ansieht, niemals so richtig damit konfrontiert worden bin, welche Vorurteile sich schon aufgrund vom Aussehen bilden. Das hat zum Teil eine tiefe Betroffenheit ausgelöst, als ich an Situationen dachte, in denen ich vielleicht ein bisschen  vorsichtiger war und meine Tasche besonders gut festgehalten habe, weil „ausländische Menschen“ in meiner Nähe waren.

Alles in allem ist das Buch eine interessante Sammlung verschiedener Alltagssituationen, das als leichte Kost nebenbei gelesen werden kann. Falaki setzt damit ein klares Statement für den Status als deutscher Ausländer und bringt Leser*innen zum Lachen, aber auch zum Nachdenken und regt so zur Selbstreflexion an.

 

Mahmood Falaki, Ich bin Ausländer und das ist auch gut so, Kurzgeschichten, Sujet Verlag, 2018.

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