Digital lebt sich’s länger…
Die Juli-Kolumne
Von Christine Leitner
Es ist ein leicht gruseliger Gedanke und trotzdem kriege ich ihn seit einiger Zeit nicht mehr aus meinem Kopf: Was passiert mit meinen Internetprofilen, meinen Daten, meinem digitalen Besitz wenn ich tot bin? Der Fall, bei dem Eltern ihrer verstorbenen Tochter bei Facebook um die Daten ihres verstorbenen Kindes betteln müssen, wird dem ein oder anderen noch geläufig sein. Zur Erklärung: Facebook weigerte sich, den digitalen Nachlass des Mädchens aus datenschutzrechtlichen Gründen an die Eltern weiterzugeben. Das scheint absurd. Warum soll ein anonymes Unternehmen Daten von mir behalten dürfen und die Macht drüber besitzen, sie meinen nächsten Angehörigen vorzuenthalten? Und eine weitere Frage schleicht sich bei mir ein. Was will Facebook mit meinen Daten nach meinem Tod noch anfangen?
Doch zurück zu meiner Ausgangsfrage. Was passiert mit meinem digitalen Nachlass, wenn ich tot bin? Klar, mein Facebook-Profil wird vermutlich um ein paar Beileidsbekundungen oder Gedenk-Posts von Freunden, Bekannten und Verwandten reicher. Aber das war’s dann auch schon. Und meine Familie? Werden sie sich fragen, was ich zuletzt mit meinem Smartphone, meinem Laptop gemacht habe? Welches Bild ich zuletzt geschossen und mit wem ich zuletzt geschrieben habe? An all diese Dinge kommen sie nicht heran, denn über die Zugangsdaten zu meinen Accounts, meinem Smartphone und meinem Laptop verfüge nur ich. Da bleibt mir nur eines: Ein digitales Testament, in dem ich all meine Zugangsdaten niederschreibe, um meinen digitalen Nachlass meiner Familie zugänglich zu machen. Aber will ich das überhaupt?
Meiner Familie (die mich dann vielleicht vermisst) mag es ein kleiner Trost sein. Ein kleines Andenken. Denn die Sprachnachrichten, Bilder, Videos und Chatverläufe machen einen toten Menschen ein kleines bisschen wieder lebendig. Ob ich mir allerdings Sprachnachrichten von einem verstorbenen Familienmitglied anhören würde? Sicher bin ich mir da nicht. Will ich meinen Angehörigen das zumuten? Und will ich mir wirklich die Blöße geben? Schon jetzt gibt es oft Streit mit meiner Schwester, wenn diese meine Chats lesen will. Doch nach meinem Tod kann mir das eigentlich egal sein. Danach muss ich mich keinen peinlichen Fragen mehr stellen. Und wenn die Öffentlichkeit in Form von WhatsApp und Facebook sowieso Zugriff auf meine Daten haben und meine Geheimnisse mitlesen können, dann kann das meine Familie auch – aber nur über meine Leiche!