Eine Reise durch die Musikgeschichte
Die Hochschule für Künste bietet jedes Semester einen Pop-Chor für Bremer Studenten an – eine Erfolgsgeschichte, die immer mehr Interesse weckt.
Von Florian Fabozzi
„Ohne Musik ist das Leben ein Irrtum“ – Das wusste schon Philosoph Friedrich Nietzsche und für viele hat dieser Ausspruch auch heutzutage noch Gültigkeit. Diejenigen, die sich dabei nicht damit begnügen abends ihre Spotify-Playlists rauf und runter laufen zu lassen und doch viel lieber aktiv musizieren, sind beim Pop-Chor an der HfK gut aufgehoben!
Über den Pop-Chor
Der Pop-Chor, der vom 40-jährigen Jazzmusiker Micha Keding geleitet wird, wurde ursprünglich für die Musik-Lehramtsstudenten ins Leben gerufen, doch längst wurde die Zielgruppe erweitert und so ist heuer jeder musikbegeisterte Student willkommen. Es existieren zwei Chorgruppen: Der Pop-Chor I und der Pop-Chor II. Ersterer ist für jedermann frei zugänglich, man muss also kein geborenes Naturtalent sein. Im Pop-Chor II, der montags direkt am Anschluss an den ersten Pop-Chor stattfindet, sind die Ansprüche etwas höher. Hier geht es nicht nur um das Singen alleine, sondern auch um die theoretischen Grundlagen eines Musikchors. Zudem wird ein Vorsingen abgehalten, bei denen die stimmlichen Qualitäten auf die Probe gestellt werden. Dieser Artikel legt das Augenmerk aber auf den Pop-Chor I.
Was aber ist ein Pop-Chor genau? Der Pop-Chor an der HfK beruft sich auf die ursprüngliche Definition von Pop-Musik. Im ursprünglichen Sinne stellt die Pop-Musik (populäre Musik) nämlich schlichtweg das Gegenstück zur klassischen Musik dar, sie beinhaltet also weitaus mehr als nur jene Songs, die man nach heutigen Maßstäben als Pop-Songs bezeichnen wurde. Es umfasst genauer alle populären Werke, die in den letzten 100 Jahren die Weltbühne betraten und sich damals wie heute großer Beliebtheit erfreuen. Der Fokus liegt dabei auf Jazz, Blues, Pop- und Rockmusik. Zu Beginn des Semesters gibt es eine „Schnupperphase“, die sich über drei Wochen erstreckt. Erst dann steht man vor der Entscheidung, ob man dem Chor endgültig beitreten, oder sich lieber anderen Dingen widmen möchte. Als krönenden Abschluss gibt es am Ende eines jeden Semesters ein Konzert. „Spaß am Singen und an der Gemeinschaft sind die wichtigsten Voraussetzungen“, erklärt Keding. Es sei sicherlich von Vorteil Noten lesen zu können, jedoch komme man auch ohne jegliche Vorkenntnisse gut zurecht.
Der Ablauf
Wie üblich für einen Chor sind die Sänger/innen nach ihren Stimmarten sortiert. Links vom Publikum gesehen stehen die Sopransängerinnen, deren helle Stimmen an Engelsgesang erinnern. Rechts stehen die „Altistinnen“, Frauen und Mädchen mit einer etwas dunkleren Stimmlage. Mittig, und etwas nach hinten versetzt finden die männlichen Sänger Platz. Hier unterscheidet man zwischen den tiefen Bass-Sängern und den Tenor-Sängern, deren Stimmen sanfter und höher sind. Insgesamt hatten sich zum Wintersemester 2015/16 sage und schreibe 210 Studenten angemeldet – so viele wie nie zuvor!
Um das Optimum des gesanglichen Potenzials abrufen zu können, bedarf es bei jeder Probe aber erst der richtigen Vorbereitung. So gehören Dehn- und Streckübung zu Beginn einer jeden Einheit dazu. Insbesondere die Nacken-, Hals- und Schultermuskulatur stehen in Verbindung zum Sprachzentrum und müssen dafür in Topform gebracht werden. Anschließend stehen kleinere Gesangsübungen auf dem Programm, in denen es primär darum geht die Lippen und das Sprachzentrum in Schwung zu bringen. Die Übungen muten zum Teil skurril an (wenn es beispielsweise darum geht, wie ein Pferd zu schnauben), tragen aber zur lockeren Stimmung in der Gruppe bei und sind durchaus hilfreich.
Danach geht es ans Eingemachte und die Lieder, die Chorleiter Keding im Vorfeld bestimmt hatte, rücken endlich in den Fokus. Von älteren Jazz-Liedern bis hin zu modernen Pop-Songs – die Bandbreite ist beträchtlich. Alle Textpassagen werden intensiv durchgeprobt. Zunächst die unterschiedlichen Stimmgruppen einzeln und später alle gemeinsam. Eine korrekte Tondauer und Tonfrequenz sowie ein harmonischer Einklang spielen hier die zentrale Rolle. Fortschritte sind indes schnell sicht- bzw. hörbar. „Vom ersten Ansingen eines Liedes bis zum fertig geprobten Lied vergeht manchmal nur eine Chorprobe“, so Keding, der den Chorgesang permanent am Piano begleitet. „Zwischen der ersten Probe und dem Semesterabschlusskonzert, wenn alle aus voller Kehle singen und mit Selbstbewusstsein auf der Bühne stehen, ist es ein gewaltiger Unterschied.“ Die Fortschritte beinhalten eine bessere Gruppendynamik, wodurch auch der Spaß nicht zu kurz kommt. Die Gemeinschaft ist ein wichtiger Faktor, denn jegliche Schüchternheit oder Unsicherheit wird schnell abgebaut und jeder einzelne trägt letztlich etwas zum Gesamtbild (bzw. Gesamtklang) bei.
Das Konzert
Der Höhepunkt, auf den der Kurs hinarbeitet, ist das große Abschlusskonzert, das diesmal am 11. Juli stattfinden wird. Der Austragungsort steht noch nicht fest, aber aller Wahrscheinlichkeit nach könnte dafür der große Hörsaal beim GW1 dienen. Dort fand im Februar das letzte Konzert statt, das ein durchschlagender Erfolg war. Der Saal war bis zum letzten Platz gefüllt und der Applaus der anwesenden Zuschauer zog sich über mehrere Minuten. Nicht selten sind Personen von den Konzerten so begeistert, dass sie sich daraufhin im nächsten Semester selbst anmelden.
„Im Konzert erwartet die Zuhörer ein interessanter Querschnitt aus der 100jährigen Geschichte der Popularmusik. Es reicht von einem alten Dixieland-Klassiker über einen Jazz-Standard, einem Song aus der Soul-Ära und einem Pop-Hit bis zu einem aktuellen Song von John Legend. Außerdem ist es allein schon ein Erlebnis, einem Chor von annähernd 200 Sänger/innen gegenüberzusitzen und zuzuhören.“, erzählt Keding. Der Eintritt zum Konzert ist in der Regel kostenlos.
Es ist nicht nur der Spaß an der Sache, das dem Singen einen großen Stellenwert verleiht. Keding: „Viele wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass das Singen gesund für Körper und Seele ist. Außerdem haben Hirnforscher gezeigt, dass Singen schlau macht.“
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Teilnahme an den Pop-Chor und dem Abschlusskonzert jedem Studenten einen Credit Point im Rahmen der General Studies einbringt. Wer diesbezüglich noch Nachholbedarf und Spaß am Singen hat, kann also sprichwörtlich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Titelbild: Florian Fabozzi