Couchzert: Madsen feiern Sofapremiere im Club100

Ein Konzertbericht

Von Yael Delkurt

Ich erinnere mich noch gut an mein letztes Konzert vor der Pandemie: Ich saß mitten in der Glocke, umgeben von gut betuchten älteren Damen und Herren und ließ mich von einem Bonner Orchester mit Mozart berieseln. Damals hätte ich nicht gedacht, dass dieses das aufregendste Konzerterlebnis der nächsten Jahre sein würde. Streaming-Konzerte und ich stehen eigentlich auf dem Kriegsfuß, da ich aus dem Dreieck „guter Ton – gute Videoqualität – interessanter Auftritt“ meistens nur zwei Eigenschaften gleichzeitig auf meinem Bildschirm erscheinen lassen kann. Während ich eine Zeit lang Werbung für den Club100 höre, der durch sein neues Streaming- Konzept punkten will, werden meine Neugier und Hoffnung jedoch wieder geweckt. Angepriesen wurden die Live-Stream-Konzerte des neuen Bremer Veranstalterverbundes als Rückkehr der Livekonzerte auf die Bühne des Pier 2 – mit gutem Ton, gutem Bild und vor allem mit guten Bands. Nach einer kurzen Diskussion mit meiner Freundin, die durch das Zurverfügungstellen des Fernsehers und der Musikanlage ein überdurchschnittlich großes Mitspracherecht erlangen konnte, einigen wir uns auf ein Madsen-Konzert.

Obwohl ich die neue Musik der Band nicht so gut kenne, wie die älteren Alben, freue ich mich trotzdem und suche passende Klamotten und Snacks raus. Bevor die Übertragung des Auftritts beginnt, zeigt der Club100 ein lustiges Interview mit der Band, das die Distanz durch den Bildschirm schon mal ein wenig verringert. Und dann geht es los: Madsen stehen auf der Bühne und spielen das erste Lied aus ihrem neuen Punk-Album. Das hatte ich vorher erst ein Mal gehört, aber finde den Auftritt trotzdem überraschend mitreißend. Durch die verschiedenen Kameras lässt sich der Auftritt gut mitverfolgen und bleibt abwechslungsreich. Auch der Ton hat Live-Feeling mit Qualität. Nach dem ersten Song bin ich kurz verwirrt, als kein Applaus kommt, bis mir wieder einfällt, dass die Band in einer publikumsleeren Halle spielt.

Fan-Nähe durch Sprachnachrichten

Während des nächsten Songs erscheint auf dem Bildschirm eine Aufforderung, WhatsApp Sprachnachrichten einzusenden. Was mir zuerst suspekt ist, offenbart sich als echter Pluspunkt: In den Pausen zwischen den Songs werden die kurzen Nachrichten von anderen Zuschauenden vorgespielt. Da sind Fans aus Bremen, aber auch aus China und den USA dabei, junge Kinder, die sich über das musikalische Spektakel freuen und eingefleischte Madsen-Anhänger, die eine Hymne auf eines der Bandmitglieder ins Handy grölen. Ich fühle mich ein bisschen gerührt, gleichzeitig mit so vielen gut gelaunten und dankbaren Menschen zusammen das Konzert anzuschauen. Die Band selbst kann durch die Nachrichten auf ihre Fans von nah und fern eingehen und ist auch sichtlich erfreut darüber zu wissen, für wen sie gerade abrocken. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass es offensichtlich wird, was für ein enges und eingespieltes Team Madsen sind – auch ohne Livepublikum bringen sie kleine Blödeleien und große Performances professionell auf die Bühne. Als die Band zum Abschluss noch ihren Hit „Lass die Musik an“ auspacken, fangen wir sogar an, durch das Wohnzimmer zu tanzen und die vier uns bekannten Wörter des Liedes mitzusingen. Die Nachbarn klopfen laut gegen die Wand, sicherlich als Beifall.

Die Live-Atmosphäre eines Konzertes lässt sich natürlich nie ganz ins Wohnzimmer transportieren. Aber solange es noch pandemiebedingte Einschränkungen gibt, können Live-Stream-Konzerte von professionellen Veranstaltern und guten Acts auf jeden Fall Liveauftritte senden, die richtig Spaß machen.

Noch bis Ende Mai könnt ihr euch Live-Konzerte im Rahmen vom Club100 anschauen. Wenn ihr mehr über das Programm erfahren wollt, werft einen Blick auf die Website!

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