Reisetipp: Oslo – Wo Moderne auf Natur trifft
Teil 1
Wer in Oslo den richtigen Platz am Ufer findet, kann sich die zwei Extreme der Stadt selbst vor Augen führen. Ein Blick nach links und man sieht die klassische Skyline einer modernen Metropole. Dreht man seinen Kopf nun um 180°, schaut man auf einen schier endlosen Fjord, der von grünen, bewaldeten Inseln geziert wird. Wie sagt man so schön? Gegensätze ziehen sich an.
Von Florian Fabozzi
Oslo galt lange als das hässliche Entlein unter den skandinavischen Metropolen. Nicht so lebendig wie Stockholm und ohne den Charme Kopenhagens. Oft war Oslo nur eine Durchgangsstation für Reisende, die einen Roadtrip durch die Wälder Norwegens planen oder ihren Urlaub in der bildhübschen Hansestadt Bergen an der Westküste verbringen möchten.
Längst gehören diese Behauptungen der Vergangenheit an, denn Oslo hat sich in den letzten 20 Jahren mächtig herausgeputzt. Das Entlein hat sich in einen Schwan verwandelt. Oslo ist ein wichtiger Standpunkt für moderne zeitgenössische Kunst und ein Ort, in dem Architekten ihre innovativen Ideen ausleben können. Beinahe kann man Oslo als „bauwütige“ Stadt bezeichnen: Bauprojekte existieren wie Sand am Meer und das Panorama Oslos befindet sich im stetigen Wandel. Schon jetzt ragen im Stadtzentrum die modernen Wolkenkratzer in den Himmel und bilden aus der richtigen Perspektive ein eindrucksvolles Fotomotiv für zahlreiche Touristen. Das Stadtbild soll zeitnah mit der Realisierung des Lambda-Projekts bereichert werden, ein zur Uferseite gebeugter Glasturm, in den das Munchmuseum verlegt werden soll. Gleich nebenan wird fleißig der Bau einer neuen Bibliothek vorangetrieben, die durch eine markante Glasspitze ins Auge stechen soll.
Aber Oslo ist doch viel zu kalt…
Wie viele andere skandinavische Städte ist auch Oslo bei den Deutschen ein beliebtes Reiseziel, doch die meisten, die sich nach einem erholsamen Urlaub mit vielen Sonnenstunden sehnen, bevorzugen den Trip ans Mittelmeer. Das Sommerklima in Oslo ist allerdings nichts, wovon sich der Durchschnittsbremer abschrecken lassen sollte. 16 – 20° an den meisten Sommertagen laden zwar nicht zum Strandbesuch ein, machen aber das Sightseeing um einiges angenehmer als sengende Hitze bei 30 Grad und 90% Luftfeuchtigkeit. Warme Tage mit Temperaturen jenseits der 20-Grad-Marke gibt es auch in Oslo und zahlreiche naturbelassene Inseln mitten im Oslofjord locken die Gäste mit Stränden und noblen Restaurants.
In Zeiten des fortschreitenden Klimawandels verschwimmen die natürlichen Grenzen von vermeintlich warmen und kalten Orten zusehends und so war beispielsweise der Sommer 2016 in Oslo fast schon mediterran. Die milde Seeluft vom Oslofjord trägt zum angenehmen Klima bei.
Oslo-Urlauber leiden jedoch nicht selten unter den Schwankungen des norwegischen Wettergottes. Auch an sommerlichen Tagen empfiehlt es sich, eine Regenjacke im Handgepäck mitzutragen, denn kurze, aber intensive Schauer brechen oft unvermittelt über die Stadt hinein und sorgen für die ein oder andere negative Überraschung.
Anreise und Unterkunft
Zahlreiche Fluganbieter steuern die norwegische Hauptstadt an. Die skandinavische SAS gilt als zuverlässige Airline und punktet mit moderaten Preisen. Man trifft die SAS-Maschinen in den meisten größeren europäischen Städten an, so z.B. auch in Hamburg. Natürlich fliegt auch der beliebte Billigflieger Ryanair nach Oslo, aber Vorsicht: Wie es bei Ryanair üblich ist, fliegen die Maschinen nur einen kleinen Vorortsflughafen in der Nähe von Oslo an und nicht den Osloer Flughafen selbst. Direktflüge von Bremen nach Oslo und andersrum existieren derzeit nicht.
Wer viel Geduld mitbringt und sich gerne von Landschaftseindrücken berieseln lässt, der wird die Fahrt mit dem Bus bevorzugen. Hier ist der heimische Marktführer Flixbus wärmstens zu empfehlen. Flixbus bietet vermehrt Verbindungen ins europäische Ausland an und Oslo ist aktuell das nördlichste Ziel in der Karte des Fernbusunternehmens. Die Preise variieren je nach Abfahrtszeit und Wochentag, aber mit ein bisschen Glück muss man nur läppische 60€ für den Trip zahlen. 15 Stunden Reisestrapazen, ein Umstieg und Pause in Kopenhagen oder Malmö sind die Bedingungen, die man dabei in Kauf nehmen muss.
Die Fähre „Colorline“ fährt fast täglich von Kiel aus nach Oslo und bietet eine angenehme Fahrt über die Seegebiete Kattegat und Skagerrak. Hierfür muss man für die Finanzierung aber sehr viel tiefer in die Tasche greifen.
Der durchschnittliche Student, der an Monatsende finanziell derart ausgeblutet ist, dass er den Enten am See das Brot klauen muss, wird in Oslo eher nicht in einem Hotel absteigen – denn die sind in aller Regel teuer. Glücklicherweise gehört Camping in Oslo zu den wenigen Dingen, die sehr günstig sind. So kann man beispielsweise im Ekedal-Park für umgerechnet nur etwa 11€ pro Tag nächtigen – da baut man doch gerne sein Zelt auf und nimmt frische Nächte in Kauf. Grundsätzlich ist in Norwegen freies Camping an all jenen Orten erlaubt, an denen man niemanden stört, also kann man sein Zelt auch problemlos in einem Wald aufschlagen.
Eine reelle Alternative für den Campingmuffel bieten Hostels, die in Norwegen teurer sind als in Deutschland, aber einen zumindest nicht in den finanziellen Ruin treiben. Das Ankerhostel bietet eine ausgezeichnete Lage direkt im Stadtzentrum und integrierte Küchen in allen Schlafräumen.
Das Haraldsheim vandrerhjem liegt etwas außerhalb des Stadtzentrums, idyllisch auf einem Hügel, und bietet WLAN in allen Räumen, eine gemütliche Lounge und ein kostenloses, nahrhaftes Frühstück. Sofern man alleine unterwegs ist, macht es Sinn einen Platz in einen Gruppenraum zu buchen und dafür ein wenig Privatsphäre zu opfern. Im Haraldsheim muss man dafür pro Tag etwa 30€ zahlen. Oft kann man in dieser Konstellation gut Kontakte knüpfen und spontane Unternehmungen mit Leuten starten, die die gleichen Interessen haben.
Die tägliche Verpflegung
Eines der auffälligsten Gebäude im Herzen Oslos ist das Oslo City Einkaufszentrum, mit fast 100 Geschäften eines der größten seiner Art in Norwegen. Mittels einer Brücke ist es direkt mit dem Hauptbahnhof verbunden. So kann ein Ankömmling bei schlechten Witterungsbedingungen erst auf Shoppingtour gehen, bevor er sich dem Monsunregen aussetzt – nein, keine Sorge, so schlimm ist das Wetter nicht.
Zum Erwerb frischer, heimischer Lebensmittel geht der Oslonormalverbraucher zu Mathallen. Auf einem ehemaligen Fabrikgelände gelegen, bietet es vielerlei leckere Fisch- und Fleischspezialitäten. Die größte Supermarktkette Norwegens nennt sich „Coop Mega“ und ist in Oslo mehrfach vertreten. Dort erhält man alle erdenklichen Lebens- und auch Haushaltsmittel – Markenprodukte genauso wie die günstigeren Varianten. Alkoholische Getränke sucht man hier vergeblich – die sind nur in sogenannten Vinmonopolet-Märkten erhältlich und kaum bezahlbar. Alkohol ist nämlich ein Thema, bei dem die Norweger keinen Spaß verstehen.
Eine kleinere Discounterkette, dessen Filialen man gefühlt an jeder Ecke findet, nennt sich Kiwi. Tendenziell sind die Preise hier niedriger und die Märkte schließen erst um 23:00 Uhr, eine Stunde später als die Coop-Supermärkte.
Für den kleinen Hunger zwischendurch genügt auch ein Gang in eines der beliebten 7-Eleven-Kioske. Hier gibt es Getränke, Süßigkeiten, Knabberkram und Backwaren.
Wie man von A nach B kommt
Oslo hat ein sehr komplexes öffentliches Verkehrssystem. Alle öffentlichen Verkehrsmittel unterstehen dem Verkehrsverbund Ruter. Das betrifft die Straßenbahnen, U-Bahnen (T-bane), Busse, Regionalzüge und auch einige Fähren. Ruter bietet mehrere Arten von Tickets an. Für die Touristen relevant sind dabei die Tages- und Wochentickets. Für Tagestickets liegt der Kostenpunkt bei umgerechnet etwa 9,50€. Der Preis für ein Wochenticket entspricht knapp 26 €.
Für all jene, denen sich bei den Preisen die Nackenhaare aufstellen, gibt es Licht am Ende des Tunnels. Oslo ist nämlich eine sehr fahrradfreundliche Stadt und das Fahrradnetz ist sehr gut ausgebaut. Der Fahrradverleih ist gerade im Zentrum weit verbreitet und die meisten Sehenswürdigkeiten sind von dort aus schnell per Rad erreichbar.
Was es zu sehen gibt
Ein Highlight in Oslo ist der Gang durch die ein Kilometer lange Karl-Johans Gate. Dies ist die prachtvolle Hauptstraße im Zentrum, die sich vom Hauptbahnhofsvorplatz bis zum königlichen Schloss erstreckt. Das Schloss ist auf einer Erhebung gebaut, deshalb kann man es bereits vom anderen Ende der Straße erspähen. Modeboutiquen, Buchfachgeschäfte und Souvenirshops zieren die Straße und in kleinen Cafés kann man zwischendurch die Seele baumeln lassen. Einige wichtige Gebäude haben ihren Standort in der Karl Johans Gate, so auch das norwegische Parlamentsgebäude, ein 200 Jahre alter Backsteinbau. Das nebenan liegende Nationaltheater ist genauso ein Blickfang wie das Jurafakultätsgebäude der Universität, das sich in unmittelbarer Nähe zum königlichen Schloss befindet und diesem zum Verwechseln ähnlich sieht. Das königliche Schloss ist ein prunkvolles klassizistisches Gebäude, in dem der König Harald V. residiert.
Am Ufer des Oslofjords, nur einen Katzensprung vom Hauptbahnhof entfernt, befindet sich das architektonische Wahrzeichen der Stadt: Das Opernhaus. Das Gebäude wurde aus weißem Marmor gefertigt und fußt auf einer unebenen Marmorfläche, die an eine große Eisscholle erinnert. Tatsächlich wurde das Gebäude von einem Gemälde Caspar David Friedrichs inspiriert, das sich „Das Eismeer“ nennt. Regelmäßig werden auch Führungen durch die Oper angeboten.
Einen Kontrast zum Operngebäude stellt das Rathaus dar, ein funktionalistischer Blockbau mit zwei Türmen. Trotz seines monumentalen Erscheinungsbildes ist der äußere Anblick eher gewöhnungsbedürftig. Das Rathaus ist womöglich aber der wichtigste Standort in ganz Oslo, findet hier doch regelmäßig die Verleihung des Friedensnobelpreises statt. Im Inneren ist das Rathaus reich an Ölgemälden, die die norwegische Gesellschaft in verschiedenen Epochen darstellen, u. a. den Aufstieg der Arbeiterklasse. Auch Porträts von verstorbenen Königen gibt es hier zu Genüge. Das Glockenspiel am Ostturm ist einzigartiges Highlight: Hier ertönen zu jeder vollen Stunde nicht nur monotone Glockenklänge, sondern auch die Klänge klassischer Stücke des norwegischen Romantikers Edvard Griegs und sogar Melodien von Songs weltbekannter Künstler wie David Bowie und John Lennon. Hier lohnt es sich also genau hinzuhören!
Ebenfalls eine Reise wert ist die Akershus Festung, die im Mittelalter erbaut wurde und Jahrhunderte lang als Sicherheitswall Oslos diente. So konnten sie sich hier 1716 gegen die schwedische Armee unter dem kriegslustigen König Carolus Rex zur Wehr setzen und gleichzeitig alle wertvollen Güter in der Anlage verwahren. Die Anlage ist umgeben von hohen, gewaltigen Schutzmauern vor denen heute – zu Touristenzwecken – Nachbildungen von Kanonen aufgebaut sind. Ebenfalls findet man auf der Anlage Kerker, in denen Straftäter einst gefangen wurden und ein Mausoleum für verstorbene Könige.
Orte zum Entspannen
Selbst die Parks in Oslo bieten zum Teil kulturellen Mehrwert. Der beliebte Camping-Park Ekeberg bietet „Kunst zum Anfassen“. Zwanzig Skulpturen, die überall im Park verstreut sind. Einige der Skulpturen stehen mitten auf den Fußgängerpfaden und werden nicht selten für echte Menschen gehalten. Eine sprechende Straßenlaterne jagt den Besuchern Angst ein, vor allem nachts. Eine andere Skulptur hängt zwischen zwei Bäumen und ist erst nach genauerem Hinschauen erkennbar. Der Park ist geradezu prädestiniert für eine Schnitzeljagd.
Ein Park, der eigentlich keiner ist, ist die sogenannte Vigeland-Anlage. Eine große, schön angerichtete Grünfläche, die Statuen und Skulpturen des berühmten Bildhauers Gustav Vigeland zur Schau stellt. Die naturalistischen Skulpturen zeigen Menschen jeden Alters, die körperlich miteinander interagieren. Über die Bedeutung der einzelnen Skulpturen kann man lediglich Spekulationen anstellen. Am Ende der Passage ragt dann ein zehn Meter hoher Monolith in den Himmel, die mit Abstand auffälligste Skulptur Vigelands.
Oslo verfügt über ein Privileg, um das sie viele europäische Hauptstädte beneiden dürften. Wer nämlich dem Stadtgewimmel entfliehen möchte, kann sich sehr schnell und einfach auf eine der Inseln im Oslofjord zurückziehen. Regelmäßig fahren Fähren zu den acht Inseln und man kann problemlos eine nach der anderen abklappern. Alle Inseln sind Naturschutzgebiete und dementsprechend respektvoll zu behandeln. Sie bieten felsige Klippen, unberührte Wälder und schöne Badestrände. Auf allen Inseln gibt es zudem schicke Restaurants oder zumindest kleine Cafés.
Was für Museen gibt es in Oslo zu entdecken und wo kann man lecker essen gehen? Das und vieles mehr erfahrt ihr im zweiten Teil des großen Oslo-Reisetipps!
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