Wie stehen die Studierenden zu Tracking- und Tracing-Apps?
Am 16.06 wurde in Deutschland die Corona-Warn-App vorgestellt, die durch das Tracking von Nutzerdaten dabei mithelfen soll, die Corona-Fälle in Deutschland zu überwachen und nachzuverfolgen. Jedoch wird die App nicht von allen Bürgern und Bürgerinnen bevorzugt, viele Menschen in Deutschland machen sich Sorgen über die Sicherheit ihrer Daten. Um herauszufinden, wie die Bremer Studierenden mit der Thematik der Tracking- und Tracing-Apps umgehen, hat der ScheinWerfer vor der Einführung der App eine Umfrage gestartet und 104 Antworten ausgewertet.
Von Bastian Bönisch
Die grundlegende Einordnung der Studierenden zu der App ist dabei unterschiedlich. Der größte Teil der Studierenden sieht die Einführung der App als ‚positiv‘ an (34,6%), 8,7% beurteilen die Einführung sogar als ‚sehr positiv‘. Auf der Gegenseite stehen dabei jedoch diejenigen, welche die geplante Einführung als ‚negativ‘ (19,2%) oder sogar als ‚sehr negativ‘ (18,3%) ansehen. Ebenfalls ist auffällig, dass 26,9% der Befragten eine neutrale Meinung gegenüber der App haben, so dass durchaus von einer Meinungsvielfalt innerhalb der ausgewerteten Antworten gesprochen werden kann. Ein ähnliches Meinungsbild wie bei der grundlegenden Einordnung zeigt sich bei den Studierenden auch bei der Frage, ob man die App auf dem eigenen Smartphone installieren würde. Die Mehrheit der Befragten (44,2%) spricht sich dabei gegen eine Installation auf dem eigenen Handy aus, 39,4% würden die App auf ihren Handys installieren.
Eine verpflichtende App ist nicht erwünscht
Insbesondere wird bei der Auswertung der Umfrage deutlich, dass sich die Befragten keinen Zwang durch die Regierung wünschen. 75% der Teilnehmer und Teilnehmerinnen sprechen sich gegen eine verpflichtende App aus, während 19,2% eine verpflichtende App als ‚positiv‘ ansehen würden. Auch eine weltweite Einführung einer solchen App wird von den Befragten als kritisch angesehen. 58,7% sprechen sich gegen eine weltweite Einführung aus, nur 24% würden eine weltweite Einführung als positiv ansehen.
Da eine Vorinstallation dieser App insbesondere bei den zukünftigen Handymodellen möglich sein könnte, wurden die Studierenden gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, dass Hersteller in den kommenden Handymodellen eine solche App schon installiert haben könnten. Zwar sehen 53,8% der Befragten diese Gefahr nicht, 38,5% halten es jedoch für durchaus möglich, dass sich die Hersteller auch gegen den Willen der Nutzer und Nutzerinnen für eine Vorinstallation entscheiden könnten. Zwar gibt es auch vereinzelt Meinungen unter den Befragten, die eine Vorinstallation als „ok“ oder „gibt schlimmeres“ bewerten, die Mehrheit sieht dies jedoch als gefährlich und „beängstigend“ an. Einerseits ist dabei von einem „Einschnitt in unsere Privatsphäre“ die Rede, aber auch die Gefahr einer „Schikane“ und von „Überwachung“ bzw. „Überwachungsstaat“ spielen bei der Beurteilung eine wichtige Rolle. Auch gibt es Befragte, die sich schon ohne App überwacht fühlen, so dass die App an der derzeitigen Lage nicht viel ändern würde. Während einige Teilnehmer darauf hoffen, dass es sich nur um eine „zeitlich befristete“ Überwachung handelt, sehen andere die Gefahr als zu groß an und würden sich sogar „kein neues Handy mehr zulegen“. Einige sehen es dabei auch als Kompromiss an, wenn es die Möglichkeit geben würde, die vorinstallierte App wieder deaktivieren zu können.
Viele Risiken bei der Bewertung der App
Bei der Entwicklung der App wird insbesondere die Politik in die Pflicht genommen. Viele erhoffen sich „Freiwilligkeit“ bei der Installation, aber auch „Aufklärung“ und „Datenschutz“ spielen eine wichtige Rolle. Als größtes Risiko der Apps sehen die Teilnehmer die Gefährdung des „Datenschutzes“ an, da viele der Befragten befürchten, dass ihre Daten nicht sicher sind und an Dritte weitergegeben werden. Die Politik und die Entwickler sollten somit insbesondere darauf achten, dass der Datenschutz gewährleistet ist, da dadurch ein höheres Vertrauen innerhalb der Bevölkerung gegenüber der App entstehen würde. Das Vertrauen in die Entwickler ist laut den Umfrageergebnissen derzeit nicht hoch, da 31,7% den Entwicklern ‚nicht wirklich‘, und 25% den Entwicklern ‚gar nicht‘ vertrauen. Zwar vertraut circa ein Viertel der befragten Studierenden den Entwicklern, ein gewährleisteter und erwiesener Datenschutz sowie eine ehrliche und offene Kommunikation könnten bei den Bremer Studierenden aber durchaus dazu führen, dass der App und den Entwicklern mehr Vertrauen geschenkt wird. Auch wird die App selbst als Gefahr für die Bekämpfung des Corona-Virus gesehen: Einige Befragte gehen davon aus, dass sich die Menschen durch die Nutzung der App zu sicher fühlen und dadurch die geltenden Abstandsregeln nicht mehr so streng einhalten wie vor der App.
Als Alternativen zu der App verweisen die Studierenden insbesondere auf die Einhaltung der geltenden Corona-Regeln. Zwar können durch die Einhaltung keine Fälle nachverfolgt werden, die Hoffnung scheint aber zu sein, dass durch die Einhaltung der Regeln, durch „gehäufte Tests“, durch das „Verbot großer Veranstaltungen“ und durch „Impfungen“ eine Corona-App nicht unbedingt notwendig sei oder zumindest als Alternative angesehen werden könnte. Ebenfalls wurde bei der Befragung deutlich, dass viele der Studierenden die App nach der Corona-Pandemie nicht mehr auf dem Handy haben möchten. 80,8% der Befragten würden die App spätestens nach dem Ende der Pandemie vom Handy entfernen, nur 3,8% würden die App auf dem Handy installiert lassen.
Politik wird wenig Vertrauen entgegengebracht
Dass das Vertrauen in die Politik derzeit gestört ist, zeigt sich auch in der Tatsache, dass nur 32,7% den Politikern und Politikerinnen vertrauen, wenn es darum geht, sich Informationen über die App zu verschaffen. Als vertrauenswürdig wurden von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen insbesondere Nachrichtensendungen und die Wissenschaft eingestuft, einige vertrauen jedoch auch „niemandem“. Um das Vertrauen in die App zu verstärken und die Sicherheit zu garantieren, wäre es somit durchaus von Vorteil, wenn sich die Politik mit der Wissenschaft verbindet, um eine möglichst gute App zu entwickeln.
Die Umfrage hat gezeigt, dass die Bremer Studierenden die Corona-App als kritisch ansehen. Zwar gibt es auch einen Teil der Befragten, der die Apps als positiv ansieht, für den Großteil der Befragten ist jedoch insbesondere der Datenschutz sowie der Schutz der eigenen Privatsphäre in Gefahr. Während viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen es als Alternative ansehen, die derzeitigen Regeln einzuhalten und Corona dadurch einzudämmen, darf mit Spannung erwartet werden, wie die Politik die App weiterentwickelt und wie sich die Downloadzahlen in der Zukunft entwickeln. Derzeit (25.06.2020) wurde die App bisher circa 13 Millionen Mal heruntergeladen, wodurch die wichtige 15-Prozent-Marke erreicht ist, durch die laut Studienautorin Lucie Abeler-Dörner im SZ-Interview die App „zu wirken“ beginnt. Für eine optimale Wirkung sollten dabei ca. 60% der Bevölkerung die App auf ihrem Handy installiert haben. Inwieweit diese Zahl erreicht werden kann, wird die Zukunft zeigen.
Liebe Leserinnen und Leser,
wir wurden darüber in Kenntnis gesetzt, dass survio, die Plattform, die wir für unsere Umfrage verwendet haben, Daten an Werbefirmen weitergeben, die auf dieser Grundlage zielgruppengerechte Profile erstellen. Wir bedauern unsere leichtsinnige und unbedachte Vorgehensweise, wir hätten uns im Vorfeld besser darüber informieren müssen. Dafür möchten wir die Gelegenheit nutzen und an euch appellieren, bei Umfrage-Plattformen genau hinzuschauen. Verwendet für eure Umfragen bitte werbefreie Plattformen, wie zum Beispiel SoSci oder bittet das ZfN um Unterstützung. Die verfügen über die Möglichkeit für eure Umfragen die richtigen Softwares (z.B. LimeSurvey) zu installieren.
Beste Grüße,
Die ScheinWerfer-Redaktion