Woher kommt der ganze Hass?

Dezember-Kolumne

Von Elina Fläschner

Vor Kurzem schnappte ich in der Mensa folgende Worte auf: „Boah, ich hasse Joghurt mit Mangostückchen!“. Das gab mir zu denken: Wie kommt es zu solchem Hass? Hat der Joghurt die gesamte Familie des bespitzelten Mädchens aufs Schlimmste beleidigt und sich diese extreme Abneigung deshalb zu Recht verdient?

Menschen, die zu oft zu viel hassen sind mir suspekt. Was wollen sie mit ihrem ständigen Hass ausdrücken? Stehen bei ihnen Kinderschänder und Mangojoghurt auf einer Stufe? Werden Rechts- und Linksextreme gleichauf gehasst wie ein Parfüm, dessen Duft zu aufdringlich ist und unangenehm in der Nase kribbelt?

Scheinbar ständig ist man von diesen hassenden Menschen umgeben: In der Bahn, in der Uni, und abends am Esstisch. Das sorgt für negative Stimmung und zieht alle, die es mitbekommen, in einen Strudel, dem man nur schwer entkommen kann. Schnell wird man selber zu einem dieser hassenden Menschen. Glücklich sein, während dein Umfeld nur am meckern ist? Sehr schwierig, wenn man mit seiner strahlenden Laune nicht selber Teil des Gehassten werden möchte.

Hass kostet Energie und viele Dinge sind mir die extreme Emotionalität einfach nicht wert – Vor allem, wenn die Gefühlslage ins Negative geht. Das Gegenteil, Lieben und Begeisterung zeigen, praktiziere ich sogar ziemlich gerne und bringe dafür gerne die Energie auf.

Außerdem relativiert die häufige Verwendung doch die Bedeutung des Wortes: Man kann sich nicht mehr steigern und es wird zu etwas Alltäglichem. Das sieht man zum Beispiel in den sozialen Netzwerken: Hass-Kommentare sind mittlerweile Alltag geworden. Oft überliest man sie, statt sich mit der Wut anderer auseinanderzusetzen und zu hinterfragen, ob diese vielleicht sogar gerechtfertigt ist und wie man den empfundenen Missstand beheben könnte.

OOft steckt Neid dahinter. Neid und die Unfähigkeit, Neuem gegenüber aufgeschlossen zu sein.

Durch Likes schließt man sich dem Hass entweder an, oder ignoriert ihn einfach. Für einen gegenteiligen Kommentar haben wir keine Zeit und Lust. Dabei kann man scheinbaren Hass so leicht überwinden. Du „hasst“ eine Menschengruppe, weil sie fremd für dich ist und du nicht mit ihrer Kultur zurechtkommst? Dann ist das kein Hass, sondern fehlendes Vertrauen. Du „hasst“ Veganer, weil du denkst, sie würden dir ihre Meinung aufzwingen wollen? Dann liegt das Problem an deinem Selbstbewusstsein, über solche Situationen einfach hinwegzusehen und hinzunehmen, dass es verschiedene Meinungen auf der Welt gibt. Oft steckt auch Neid dahinter. Neid und die Unfähigkeit, Neuem gegenüber aufgeschlossen zu sein.

Hassen als Tätigkeit wird oft falsch verwendet. Man will durch Worte Dampf ablassen und zack hat man sich gegen eine komplette Menschengruppe gestellt, bloß weil man einmal negativ damit in Berührung gekommen ist und das mit Worten verarbeiten wollte. Hasst man einmal, tut man sich schwer damit, diesen Zustand zu überwinden. So behaupte ich von mir, keine Bananen zu mögen (früher habe ich durchaus das Wort „Hass“ in diesem Kontext benutzt). Esse ich sie dann trotzdem, bin ich jedes Mal aufs Neue fasziniert, dass ich sie doch akzeptabel finde (oder zumindest nicht so schlimm wie ich dachte). Trotzdem bringe ich es nicht übers Herz, diese vertraute Abneigung, die mich schon immer begleitet hat, zu überwinden.

Was bringt Hass überhaupt? Im Zweifelsfall bekommt der Gehasste nicht mal etwas über das angespannte Verhältnis mit und an der Situation kann sich rein gar nichts ändern. Es ist in vielen Fällen eine Schutzreaktion, aber ganz ehrlich: Wie oft hat uns Hass gegenüber Menschengruppen schon geholfen? Vielmehr verleitet er uns zu unüberlegten Handlungen, die nur so triefen vor Unverständnis und Trotzigkeit.

Nicht falsch verstehen: ich bin nicht gegen Hass, sondern vielmehr für den verantwortungsvollen Umgang damit. Für mehr „doof finden“ und eine Vielfalt an Abneigungs-Verben. Unsere nur begrenzte Energie sollte in wichtigere Dinge investiert werden, als in Emotionen, die einem letztendlich doch keinen langfristigen Mehrwert bringen.
Hasst emotional, hasst laut, aber hasst verantwortungsvoll! Und vergesst nicht zu lieben und leben und so dem überflüssigen Hass zu zeigen, wer das Sagen hat!

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