Ein tierischer Genuss für Auge und Ohr
Es weht wieder ein Hauch von Broadway durch die Bremer Lüfte. Vergangenen Dienstag wurde im Musical Theater Bremen die lang ersehnte Premiere des Klassikers „Cats“ gefeiert – natürlich in der Originalfassung vom Ensemble aus dem berühmten Londoner West End. Es erwarten dem Zuschauer ein rasantes Spektakel und eine rührende Geschichte über Zusammenhalt und Vergebung.
von Florian Fabozzi
Auf einer Müllkippe in London kommen jährlich alle „Jellicle Cats“ zusammen und begehen vor strahlendem Mondlicht den Jellicle Ball. Nur die beste aller Katzen ist würdig, am Ende der Feierlichkeiten in den Himmel aufzusteigen und für ein neues Leben wiedergeboren zu werden. Daher bemühen sich alle Anwärter den alten Anführer Old Deuteronomy von ihren Vorzügen zu überzeugen. Immer wieder unterbrochen wird das flauschige Beisammensein durch den Katzenschurken Macavity, dessen bloße Anwesenheit Angst und Schrecken verbreitet. Zwischendurch taucht auch die bedauernswerte Kätzin Grizzabella auf. Einst verließ sie die Bande um in die große weite Welt hinauszuziehen. Heute, verwahrlost und vom Schicksal gezeichnet, bittet sie darum, wieder in den Kreis der Jellicle Cats aufgenommen zu werden. Doch sie stößt bei denen nur auf Ablehnung. Wird Grizzabella je wieder verziehen? Und welche Katze darf die begehrte Reise zum Himmel antreten? Dies sind die Kernfragen, die sich aus der Handlung ergeben.
Perfekte Choreografie und große Augenblicke
Cats ist ein Revue-Musical. Es bietet eine Aneinanderreihung einzelner Darbietungen, die nicht immer kohärent sind. Somit rückt die Erzählung einer Geschichte in den Hintergrund. Wer Musicals mit einer komplexen Handlung bevorzugt, darf sich gerne den 29. Dezember im Kalender vormerken.
Was Cats trotzdem zu einem besonderen Erlebnis macht, ist die faszinierende Choreografie, so auch bei der Premiere in Bremen. Das Ensemble begeistert mit synchronen und perfekt abgestimmten Tanzeinlagen, elegant und artistisch in stetigem Wechsel. Die grazilen Bewegungen der Protagonisten, gepaart mit ihren reizenden Kostümen, lassen nicht selten den Eindruck entstehen, es handle sich um echte Katzen. Cats legt ein irres Tempo an den Tag und gibt dem Zuschauer keine Sekunde zum Luft holen.
Die Vielfalt der Songs beschert den Zuschauern ein Wechselbad der Gefühle. Der wiederkehrende Song „Jellicle Songs for Jellicle Cats“, eingängig und fröhlich, ist eine Selbstzelebrierung der Katzen und repräsentiert den krassen Gegenpart zum klagevollen „Memory“, dem vielleicht berühmtesten Stück des Musicals, mit dem Grizzabella um Vergebung bittet. Memory gewinnt im Verlaufe der Aufführung an Intensität. Anfangs noch auf den Gesang beschränkt, sorgen die späteren Versionen durch den Einsatz orchestraler Elemente für echtes Gänsehautfeeling beim Zuschauer. Ein einzigartig bewegender Moment ist auch jene Endszene, bei der die auserwählte Katze die Fahrt in den Himmel antritt und langsam über dem Blickfeld der Bühne emporsteigt.
Großartiges Bühnenbild und Einfallsreichtum
Ein Lob verdient auch das sorgfältig gestaltete Bühnenbild. Dominiert wird es vom immerzu strahlenden Vollmond, ein wichtiges Symbol für die Jellicle Cats, das dem Stück eine subtile Romantik verleiht. Gelungen ist auch die Darstellung des Müllplatzes, vor allem die überdimensionierte Cornflakes-Schachtel am rechten Bühnenrand lädt zum Schmunzeln ein. Ebenfalls amüsant, weil einfallsreich, ist die Auswahl der Requisiten. So gelingt durch Einsatz einfacher Gegenstände wie einer Röhre, einem handelsüblichen Regenschirm und Rädern die glaubhafte Darstellung eines Zuges.
Gut gemeint, aber weniger erfreulich war der Einsatz von Leuchteffekten im zweiten Abschnitt, als die Magier-Katze Mr. Mistoffeles besungen wird. Gerade die Leute in den vorderen Reihen mussten ob des grellen Lichts einige Male ihre Augen zuhalten. Die deutsche Übersetzung, die an Bildschirmen rechts und links von der Bühne angezeigt wurde, beschränkte sich nur auf das Mindeste. Womöglich entgingen den Zuschauern, die der englischen Sprache nicht mächtig sind, einige Informationen über die Charaktere.
Der Begeisterung scheint dies aber keinen Abbruch getan zu haben, denn das Cats-Ensemble durfte die Bühne unter tosendem Applaus verlassen und mit der Gewissheit, unser Bremen an diesem Abend kulturell um einiges bereichert zu haben.
„Cats“ läuft noch bis am Sonntag, dem 10. September im Musical Theater Bremen. Am Samstag und Sonntag gibt es je zwei Aufführungen. Noch sind Karten erhältlich!
Titelbild: Alessandro Pinna