Going Europe: die Erasmus-Kolumne #1

Going South: #Valencia – Die Wohnungssuche

„Und wo wohnst du dann in Valencia?“ Wahrscheinlich die meist gestellte Frage, die mir vor meinem Abflug Anfang September gestellt wurde. „Erstmal bleibe ich drei Nächte im Hostel“. So richtig konnte ich meine Antwort selbst nicht glauben. Ja, ich wollte mir erst ein Zimmer vor Ort suchen. Wollte sprichwörtlich nicht die Katze im Sack kaufen und irgendwas im Vorfeld über das Internet mieten. Macht ja jeder so. Valencia ist eine Studentenstadt, das wird schon. Phrasen, die ich wie ein Mantra immer wieder von mir gegeben habe. Um meinen Gegenüber zu beruhigen. Um mich zu beruhigen.

Von Lisa Urlbauer

Drei Wochen vor Abflug

Eigentlich hatte ich ja schon ein Zimmer. Zwei Monate vor Abflug erhielt ich auf Facebook eine Nachricht, ob ich ein Zimmer in Valencia suchen würde. Die Verfasserin der besagten Nachricht arbeitete für eine Agentur in Valencia, die sich um Austauschstudenten kümmert und Zimmer vermittelt. Nachdem ich die ersten Nachrichten für WG-Zimmer schon auf dem spanischen Pendant zu WG-Gesucht verschickt hatte, ohne überhaupt eine Antwort zu erhalten, schien diese Möglichkeit doch sehr verlockend. Neben den Angeboten, die mir bei Facebook zugeschickt wurden, stöberte ich selbst ein wenig auf der Seite. Informationen zu den Wohnungen gab es viele: Entfernungen zu Erasmus-Partys, zu den verschiedenen Standorten der Uni und dem Strand. Zukünftige MitbewohnerInnen wurden angezeigt und Videos der einzelnen Zimmer gab es auch. Kurzerhand entschied ich mich also für ein Zimmer, in fußläufiger Entfernung zum Strand und zu meinem Campus. Einerseits beruhigte mich der Gedanke, bereits ein Domizil für meinen fünfmonatigen Aufenthalt in Valencia zu haben, andererseits war ich auch verunsichert, was mich in der Realität dann erwarten würde. Schließlich hatte ich bereits 200 Euro Miete für den ersten Monat angezahlt.
Drei Wochen vor Abflug erhielt ich dann eine Nachricht von der Agentur, dass mein Zimmer leider doch nicht verfügbar war. Der vorherige Mieter hatte einen Fehler bei der Angabe seines Ausreisedatums gemacht und so zog ich den Kürzeren. Die vorgeschlagenen Alternativen sagten mir leider überhaupt nicht zu und so bestand ich darauf, meine Anzahlung zurück zu erhalten – was zum Glück nach einigen Wochen und zahlreichen E-Mails später auch erfolgte. Ich schaute mich weiter nach Zimmern um, aber hatte mich eigentlich schon dazu entschieden, erst in Valencia zu suchen, um den Stress zu verschieben und meine letzten Tage in Bremen zu genießen. Etwas Abenteuerlust konnte ja nicht schaden…

Die Tage im Hostel

Meine Zuversicht mal eben ein Zimmer in Valencia finden zu können, senkte sich rapide, als ich nachts im Hostel in Valencia eincheckte und auf die ersten deutschen Mädels traf. Sie wollten mir ja keine Panik machen, aber die Suche sei unglaublich frustrierend. Von morgens bis abends wären sie dabei, sich Zimmer anzusehen, aber entweder waren sie schon an jemand anderen vermietet oder die letzte Absteige. Völlig in Panik schlief ich also die erste Nacht in Valencia ein und rechnete mir noch schnell aus, wie viel Miete ich ausgeben könnte, wenn ich mich die nächsten fünf Monate von Toast und Tütensuppen ernähren würde. Und Sangria natürlich – kostet hier ja auch nur genauso viel wie Mineralwasser.
Die Stadt kannte ich schon ein wenig – im letzten Jahr verbrachte ich drei Wochen in der Nähe von Valencia und machte dort einen Sprachkurs. So steuerte ich nach dem Frühstück zielsicher das allseits bekannte amerikanische Kaffeehaus an. Freies Wlan, zentrale Lage und ein starker Kaffee schienen die beste Voraussetzung um die Suche zu beginnen.

Zunächst musste aber natürlich erstmal die Facebook-Community darüber informiert werden, dass ich ab sofort in Spanien wohnen würde – ist doch klar. Nachmittags traf ich mich dann mit einem spanischen Freund, der angeboten hatte, bei der Suche zu helfen. Dazu konnte ich natürlich nicht nein sagen. Und so wurde dann auch schnell meine neu erworbene spanische Sim-Karte zum Glühen gebracht und die Kontanktpersonen von Anzeigen um Anzeige angerufen. Neben einzelnen WG-Zimmern, suchten wir vor allem nach möblierten Wohnungen, in die ich mit zwei anderen deutschen Studentinnen hätte einziehen können. Nach drei Stunden war das Ergebnis eher ernüchternd. Zahlreiche Absagen, viele “versucht es am Montag noch mal” und ein Besichtigungstermin noch am selben Abend waren das Resultat. Wenig später trafen wir drei Mädels uns mit einem Makler. Die Grundfläche der Wohnung war groß – die Miete dementsprechend auch nicht sehr günstig, wurde uns im Fahrstuhl erklärt. Oben angekommen, sahen wir dann, worauf sich die Quadratmeter größtenteils verteilten: den Flur. Einen ansprechend zugeschnittenen Wohn- und Essbereich gab es auch und eines der Schlafzimmer war mit einem großzügigen Doppelbett ausgestattet, aber da hörten die Vorzüge der Wohnung auch schon auf. Außer man ordnet Schrankklappbetten von anno dazumal in die Kategorie besonderer Charme ein. Schrankklappbett? Zwei Zimmer wurden dominiert von wuchtigen dunkelbraunen Schränken, die auch die Betten beherbergten. Und das war es dann auch mit Ausstattung, mal abgesehen von den alten Einmachgläsern im Küchenschrank und dem ganzen Vogelschiss auf dem Balkon. Entmutigt machte ich mich also von der Wohnung, die nahe dem Uni-Gebiet lag, zurück in die Stadt zu meinem Hostel nahe der Innenstadt. Das bunte Treiben in den Einkaufsstraßen, der Blick auf Palmen und die prächtigen spanischen Bauten der Altstadt hoben meine Laune enorm. Zusammen mit einer anderen Erasmus-Studentin aus dem Hostel ließ sich dieser Anblick am Abend dann auch noch genießen und die Gedanken an die Suche wurden kurzzeitig verdrängt.

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Bild: Lisa Urlbauer

Mi casa es su casa

Am nächsten Tag, ein Samstag, nahm ich die Sache wieder selbst in die Hand: mit voll geladenem Akku – im Handy, für meinen eigenen war der Kaffee zuständig, und höchster Konzentration, meine Spanisch sprechenden Gegenüber am Telefon bestmöglich zu verstehen. Während ich nach Anzeigen stöberte, erhielt ich auch per E-Mail Zimmervorschläge, weil ich auf einer Website meine Zimmer- und Preispräferenzen angegeben hatte. Im Laufe des Vormittages verabredete ich sieben Besichtigungstermine zwischen Samstag und Montag – und war sehr erleichtert alle Anrufe auf Spanisch selbstständig gemeistert zu haben. Samstagmittag erwartete mich dann mein erster Besichtigungstermin. Und dann hatte ich zwei Tage nach Ankunft und zwei Besichtigungen später mein Zimmer. Bitte was?In meiner Vorstellung verbrachte ich schon die das gesamte Semester im Hostel oder auf der Couch von meinen zukünftigen Kommilitonen. Aber die erste WG, das erste Zimmer meines Besichtigungsmarathons ist es geworden. Hör’ doch mal auf, dir immer solche Panik zu machen, möchte ich gerne meinem Ich von der Ankunft sagen. Stattdessen blicke ich nun aus meinem Zimmerfenster im fünften Stock auf den valencianischen Großstadttrubel. Lasse mir von meinen spanischen Mitbewohnerinnen alle notwendigen Haushaltvokabeln erklären und schließe mit mir selbst Wetten ab, wann ich wohl so viele Lebensmittel auf einmal gekauft haben werde, dass ich sie tatsächlich nicht mehr alleine nach Hause bekomm. Ich bin angekommen, so richtig – jetzt kann es losgehen. Valencia, mach dich auf was gefasst! Ob es nun Glück, Zufall oder doch strategische Planung war – Horrorszenarien und größere Dramen blieben mir auf meiner Suche erspart.
Sollte ich mich mal wieder im Ausland auf die Wohnungssuche begeben, bin ich hoffentlich entspannter. Auch wenn Panik zu schieben, eine meiner Lieblingsspezialitäten ist. In diesem Sinne – bitte nicht nachmachen und stattdessen meine fünf Tipps zur Zimmersuche im Ausland beherzigen! 😉

¡Hasta pronto en Valencia!
Lisa

Meine 5 Tipps zur Wohnungssuche

Die Sim-Karte: meine erste Tat in Valencia – eine spanische Sim-Karte besorgen mit Datenvolumen. Damit konnte ich auch unterwegs Wohnungen suchen, Nachrichten abrufen und den Weg herausfinden. Damit habe ich mich die ersten Tage weniger verloren gefühlt.
Das Telefonat: Auch wenn WhatsApp weniger kompliziert scheint, besonders in einer fremden Sprache – ruf an! So sind deine Chancen höher auf eine Antwort oder einen Rückruf und du bekommst schneller einen Besichtigungstermin.
Frag nach: Auf meiner Fahrt vom Flughafen zum Hostel konnte ich noch freundlich lächeln und nicken, obwohl ich keinen Schimmer hatte, warum der Taxifahrer so am Fluchen war. Beim Telefonieren sieht das schon schlechter aus, wenn man die andere Person nicht versteht. Und auch wenn es um Konditionen von Mietverträgen geht – frag nach, und wenn es dreimal ist. Dein Gegenüber wird sich bemühen langsamer und deutlicher zu sprechen, und du musst hinterher nicht in Panik verfallen, ob du vielleicht doch gerade versehentlich ein Zimmer für ein Jahr, anstelle von sechs Monaten gemietet hast.
Facebook: Das soziale Netzwerk ist in Sachen Zimmersuche gleichzeitig ein Fluch und ein Segen: In zahlreichen Gruppen zu Erasmus in Valencia werden Zimmer angeboten. Täglich gibt es neue Angebote – und genauso finden sich Kommentare von Suchenden darunter. Konkurrenzkampf vorprogrammiert. Gleichzeitig lohnt es sich aber, selbst etwas zu posten: Mit einer Angabe zu Ort und maximalen Preis wirst du bereits nach kurzer Zeit einige Nachrichten in deinem Postfach haben. Und vielleicht ist ja das richtige dabei. Hierbei wird es sich dann häufig um „Erasmus-WGs“ mit internationalen Studierenden handeln. Wenn du eine Wohnung mit Einheimischen suchst, konzentrierst du dich besser auf die nationalen Pendants zu WG-Gesucht.de.
Keine Panik: Und zu guter Letzt, bleib entspannt, auch wenn es manchmal schwer fällt. Niemand muss auf der Straße schlafen, zumindest nicht in Erasmus-Hochburgen! Enttäuschungen sind leider vorprogrammiert, Anzeigen sind veraltet und das Traumzimmer schon vergeben. Wenn die perfekte Bleibe doch etwas länger auf sich warten lässt, hast du zumindest die Chance deine Freunde aus dem Sprachkurs oder von der gestrigen Strandparty besser kennenzulernen – von ihrer Couch aus.

Wo gibt es Zimmer?

Für StudentInnen lassen sich auf folgenden Seiten Zimmer in einer Preisspanne von 190-350€ finden:
www.idealista.com
www.pisocompartido.com
www.easypiso.com
Meine ersten Nächte verbrachte ich im Russafa Youth Hotel.
www.rusaffayouthhostel.com

Hej Sverige – In der nächsten Kolumne berichtet euch Annika, von ihrer Ankunft in Stockholm und dem Start an der Universität!

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