Wintergeflüster
Kapitel 8
Von Vanelina
Dramatischer Selbstmord im Schwarzwald
Vorige Woche ereignete sich im in der kleinen Stadt Wispach im Nordwesten des Schwarzwalds eine furchtbare Tragödie. Bereits vor einem Jahr musste eine Familie den Tod ihrer jüngsten Tochter hinnehmen, nachdem diese beim Spielen im Schnee tödlich verunglückte. Ihre Schwester war nicht dazu in der Lage, ihr die notwendig gewesene Hilfe zu leisten und landete danach schwer traumatisiert in einer psychiatrischen Anstalt. Aus eben dieser gelang es ihr vor einer Woche auszubrechen und nach Hause zu flüchten. Sowohl Pfleger als auch Heimleiter trafen schnell ein, ihre Versuche, die Situation zu deeskalieren, scheiterten jedoch.
Stattdessen wurden sie Zeuge, wie die junge Patientin verzweifelt auf ihre Mutter einstach, bevor sie sich vom Treppengeländer in den Tod stürzte. Die Mutter liegt derzeit mit schweren Stichverletzungen im Krankenhaus, schwebt nach Angaben der Polizei aber nicht mehr in Lebensgefahr.
Wie es der Patientin gelungen ist, aus der Anstalt zu entkommen, bleibt ungeklärt. Die Wispacher Bürgerinnen und Bürger machen sich Sorgen um ihre Sicherheit und fürchten erneute Ausbrüche. Bereits die Gründung der Anstalt vor knapp zwei Jahren hatte schwere Proteste mit sich gebracht und konnte nur durch die Unterstützung der Bürgermeisterin, Anette Gruber, durchgesetzt werden. Eric Steinbach, der Leiter der betroffenen Anstalt, versicherte jedoch, dass „so etwas in Zukunft nicht wieder vorkommt“. Um das zu garantieren würde die Anstalt das Sicherheitspersonal erhöhen und weitere Sicherheitsmaßnahmen umsetzen. Die Schließung seiner Anstalt fürchtet er hingegen nicht: „Man hat ja gesehen, dass unsere Einrichtung hier gebraucht wird.“
Er liest sich den Artikel ein drittes Mal durch, bevor er ihn zusammengefaltet in die schwarze Kiste legt. Nachdenklich betrachtet er die kleine Blume, die Marie immer bei sich getragen hat. Ihre ist noch ein bisschen schöner als die ihrer Schwester. Nicht bunt, aber dafür in verschiedenen Blautönen. Blau war schon immer ihre Lieblingsfarbe, genauso wie seine. Er verschließt die Kiste, bevor er sie die Brücke hinunter in den Fluss wirft. So bekommt wenigstens ein Teil von ihr das Ende, was sie sich gewünscht hatte. In dem Moment zieht eine Sternschnuppe über den Himmel. Er schließt die Augen und wünscht sich, dass es seiner Tochter gut geht, egal wo sie jetzt ist. „Lebwohl“ flüstert er leise in die Winternacht, bevor er sich umdreht und die Kiste mit all den Erinnerungen im Wasser zurücklässt.