Weniger Konsum, mehr Lebensglück?

Wie Marie Kondo das Aufräumen neu gestaltet

Zuhause“ ist nicht nur ein Ort, sondern auch ein Gefühl – Und das hängt von Person zu Person von unterschiedlichen Dingen ab. Gerade seit der Covid-19 Pandemie hat das eigene Zuhause an neuer Wichtigkeit gewonnen, da die meisten Menschen unvermeidbar mehr Zeit zu Hause verbringen müssen. Marie Kondo, eine japanische professionelle Ordungsberaterin, publizierte 2011 ihr Buch ‚The Life-Changing Magic of Tidying Up: The Japanese Art of Decluttering and Organizing‘, in welchem sie ihre nach ihr selbst benannte „KonMari Methode“ vorstellt. Nach ihren Angaben ist noch kein Kunde nach Durchführung der Methode rückfällig geworden – Bedeutet, ein Mal aufgeräumt, immer aufgeräumt.

Von Evangeline Engel

Aufräumen – wie und wieso

Das Buch ist eine sehr strukturierte Mischung aus Erfahrungsberichten, Autobiografie und Anleitung. Kondos Herangehensweise an das Aufräumen besteht aus zwei Teilen: Nach Art des Gegenstands in einem Schwung ausmisten („declutter“) und danach so einräumen, dass jedes Teil seinen eigenen Platz im Haus hat. So kann die Ordnung einfach beibehalten werden. Erst sortiert man Kleidung, dann Bücher, Papier, Kleinkram und schließlich sentimentale Gegenstände, wie z.B. Geschenke von Verstorbenen oder Objekte aus der Kindheit. Außerdem ist es gut, Dinge so simpel wie möglich aufzubewahren. Der wohl berühmteste Aspekt der KonMarie-Methode ist die Art, Kleidung zu falten. Man faltet alle Arten von Kleidung so, dass sie vertikal stehen können. So stapelt man Shirts in einer Schublade nicht aufeinander, sondern stellt sie nebeneinander. Während sie erklärt, was man wie aufräumt und sortiert, legt Kondo den Leser*innen ans Herz, sich ordentliche Lebensweisen anzugewöhnen, wie z.B. die Tasche täglich zu leeren und Kleingeld direkt in das Portemonnaie zu tun, anstatt es lose in die Hosentaschen zu werfen.

Ziel der KonMari-Methode ist es, das Zuhause als eine Art Schrein wertzuschätzen: Einen Ort, dem man sich spirituell verbunden fühlt, und den man mit Respekt behandelt. Durch den Prozess des Aufräumens wird einem bewusst, was man hat, braucht und liebt, und man lernt, seine Gegenstände wirklich wertzuschätzen. Am Ende des Prozesses besitzt man idealer Weise nur noch Dinge, die Freude in einem auslösen. Man lernt darüber hinaus für das Leben, dass man eigentlich gar nicht viel braucht: „life becomes far easier once you know that things will still work out even if you are lacking something“ und „one of the magical effects of tidying is confidence in your decision-making capacity“. Man lernt, mit der Vergangenheit und dessen Erinnerungen abzuschließen, indem man sentimentale Gegenstände gehen lässt – „follow your intuition and all will be well“. In der KonMari-Methode geht es um Bewusstsein für den eigenen Konsum, die eigene Identität, und die Befreiung vom physischen und mentalen Überfluss. Ihr Ziel, nur Dinge zu behalten, die einen glücklich machen, kann immense Auswirkungen auf das mentale Gefühl von Zuhause haben. Kondo sagt einem die Worte, die man für ein erfolgreiches Ausmisten hören muss: Es ist okay, Geschenke von Freunden und Verwandten auszusortieren, die man eigentlich gar nicht braucht. All dies schreibt sie auf eine Weise, die die Leser*innen nicht schuldig fühlen lässt. Sie ermutigt dazu, auf sein eigenes Gefühl zu hören und ganz man selbst zu sein: Abgesehen von Mode Trends sehen Menschen in den Dingen schön aus, die sie wirklich lieben: „ignore what other people think“.

Leseempfehlung?

Als Leseerlebnis ist das Buch nicht aufregend. Die Autorin wiederholt ihre Ideen und Begründungen ihrer Aufräum-Methoden mehrmals im gesamten Buch, was den Inhalt darunter leiden lässt und die Leser*innen dazu verleitet ganze Passagen zu überspringen. Trotz der ordentlichen Struktur des Textes fühlen sich einige Passagen wie Füller an. Obwohl das Aufräumen eine Veränderung im Konsumverhalten anpeilt, spricht Kondo meist davon, Dinge einfach rauszuwerfen, anstatt sie zu spenden, zu verkaufen, oder zu verschenken. Dies ist zwar der schnellste Weg, Dinge aus dem Leben zu schaffen, aber nicht der nachhaltigste. Des Weiteren schlägt sie vor, Dinge vorsichtshalber auszumisten und sie dann wieder zu kaufen, wenn man sie doch wieder braucht. Dies ist nicht nur verschwenderisch, sondern setzt auch ein bestimmtes Kapital voraus. Trotz dieser loslassenden Herangehensweise sieht Kondo in jedem Gegenstand eine Art Lebewesen. Sie bedankt sich verbal bei ihrem Haus und bei ihren Gegenständen. Einige Leser*innen können bestimmt nichts damit anfangen, das Aufräumen als etwas so emotionales, fast schon rituelles, zu betrachten und als solches anzugehen – mit Magie, wie es im Titel steht.

Eigentlich ist die KonMari-Methode ganz simpel: Behalte die Dinge, die du liebst, und behandle diese Dinge gut. Dieses Buch ist für Leute, die gestresst sind von dem Überfluss an Dingen die sie besitzen, und die keine Angst vor radikalen Veränderungen haben. Vielleicht stehen vom letzten Umzug noch Boxen in der Ecke, oder ein nächster Umzug steht bevor, aber allein der Gedanke daran löst inneren Stress aus. Kondo strebt eine kleine Lebensveränderung an, wofür man vor dem Lesen allerdings bereit sein sollte. Vielleicht stimmt man nicht allen Methoden zu, kann aber für sich selbst ein paar wertvolle Tipps mitnehmen und zum Nachdenken über Konsum angeregt werden.

Mehr über Marie Kondo, ihre KonMari-Methode und das Buch erfahrt ihr hier

 

Das könnte dich auch interessieren

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *