„Schwanensee“ im Musical Theater
Es ist das Ballett schlechthin: Schwanensee. Anfang Februar war das Moskauer Nationalballett in der Hansestadt und zeigte den Klassiker im Musical Theater. Der ScheinWerfer war dabei.
Von Pia Zarsteck
Es ist eine Geschichte wie aus dem Märchen: Die glücklos verzauberte Prinzessin Odette kann der eigenen Gestalt eines Schwans nicht entkommen, außer die wahre Liebe eines Prinzen erlöst sie aus dem Bann des bösen Zaubers. Diese Sage ist vielen Völkern bekannt. In der ursprünglichen Version nimmt sie ein tragisches Ende und die Sagengestalt der Schwanenjungfrau wurde vielfach als Inspirationsquelle genutzt. Mittlerweile gibt es jedoch viele verschiedene Versionen, die ganz unterschiedlich enden können.
Am 04. Februar hat das Moskauer Nationalballett seine Inszenierung im Bremer Musical Theater aufgeführt und das Publikum in seinen Bann gezogen. Neben dem Tanz ist hierfür besonders die berühmte Musik des russischen Komponisten Pjor Iljitsch Tschaikowski (1840-1893) – in Deutschland besser bekannt als Peter Tschaikowski – verantwortlich. Seine märchenhafte, melancholische und berührende Musik hilft auch dem letzten Ballettmuffel dabei, sich auf die Vorstellung einzulassen.
Die Geschichte besteht aus vier Akten. Wer die Handlung gar nicht kennt, ist allerdings beim Besuch des Balletts ganz darauf angewiesen, der jeweiligen Inszenierung folgen zu können. Die grundlegende Handlung ist schnell erzählt, aber dennoch in seinem Detailreichreichtum kaum durch Musik und Tanz vollends verständlich zu machen: Der Prinz Siegfried feiert seinen 21. Geburtstag und wird von seiner Mutter daran erinnert, dass er am nächsten Tag auf dem Hofball aus den teilnehmenden Gästen seine Braut erwählen soll. Einer melancholischen Laune folgend, geht er mit seinen Freunden auf die Jagd und trifft am Ufer des Schwanensees, in der Nähe des Schlosses, auf das Schwanenmädchen. Schon will er seine Armbrust anlegen, als das Schwanenmädchen sich gerade noch rechtzeitig als Schwanenkönigin zu erkennen gibt. Er erfährt durch sie von dem Fluch des Zauberers Rotbart, der die Prinzessin Odette in der Gestalt eines Schwans gefangen hält und nur durch den Schwur von ewiger Liebe und Treue davon erlöst werden kann. Siegfried leistet sofort diesen Schwur, während sie unbemerkt von Rotbart belauscht werden.
Auf dem Ball am nächsten Tag taucht nun Rotbart mit Odile, dem bösen Ebenbild Odettes, auf. Bald schon verfällt Siegfried der dunklen Faszination der „schwarzen Odette“ und bittet sie um ihre Hand. Siegessicher verlassen Rotbart und Odile den Ballsaal und Siegfried eilt entsetzt zum See, auf der Suche nach seiner Odette. Diese ist bereits zum See zurückgekehrt und hat den Schwänen berichtet, was sich zugetragen hat. Siegfried bittet Odette um Verzeihung und schwört erneut ewige Treue. Eine riesige Welle, von Rotbart geschickt, droht Siegfried nun zu ertränken, während Odette hinterher stürzt um ihn zu retten. Hier kommt es nun auf die Inszenierung an, wie das Stück endet: entweder stirbt einer von beiden – Odette oder Siegfried – oder beide sterben. Oder, wie in dieser Inszenierung, leben beide glücklich weiter. Glücklich bis an ihr Lebensende, um bei der Märchenparallele zu bleiben.
Diese Inszenierung hat es an Qualität sicherlich nicht mangeln lassen: Auch als Neuling unter den Ballettbesuchern konnte man erkennen, was für ein hinreißendes Können hier auf die Bühne gebracht wurde. Schwanensee gehört auch 139 Jahre nach der Uraufführung im Jahre 1877 zu den anspruchsvollsten und anstrengendsten Rollen des klassischen Balletts, was nicht zuletzt der Doppelrolle Odette/Odile zu verdanken ist. Neben den schwierigen Hauptrollen tanzten zahlreiche Ballerinas komplexe Figuren absolut synchron. Nicht weniger als 16 junge Frauen unterstützten gemeinsam als elegante Schwäne die Handlung um die verzauberte Prinzessin, teilweise waren es noch mehr.
Seine Begeisterung zeigte das bunt gemischte Publikum am Donnerstagabend im sehr gut besuchten Musical Theater mit großzügigem Applaus. Ein einziger kleiner Wehrmutstropfen stellte wohl die teilweise etwas zu leise Musik dar. Die Geräusche der Schritte, Sprünge und das Quietschen der Ballettschuhe waren teilweise doch zu deutlich zu hören und sorgten für eine leichte Desillusionierung eines sonst so anmutigen und leichtfüßigen Balletts.
Auch Steffen, einer der Gewinner unserer Verlosung im Vorfeld, zeigt sich begeistert von dem Stück: „Die Verbindung von Musik und Tanz waren spannend, mitreißend und dynamisch und es hat mich überrascht, wie leicht man, auch wenn man vorher keinen Bezug zu Ballett hat, einsteigen konnte.“ Wenn auch aus dem Bühnenbild mehr hätte gemacht werden können, als nur ein „Plastik-Look von alten DEFA DDR-Märchen“ und auch ihm die Musik stellenweise zu leise war, habe er sich, wie auch seine Begleitung, über die zwei Stunden gut unterhalten gefühlt. Die kleineren Kritikpunkte sind insgesamt doch wohl eher dem Musical Theater zulasten zu legen, als dem Moskauer Nationalballett. Schwanensee bleibt wohl die Königsklasse des Balletts und zeigt sich als ein echtes Muss für Ballettfreunde und die, die es noch werden wollen. Oder die wenigstens einmal den Zauber einer solchen Inszenierung spüren wollen.