Spot on World Cup – Die WM-Prognose
Teil IV - Gruppe D
Nur noch 30 Tage bis die FIFA Fußball -Weltmeisterschaft 2018 am 14.06.2018 im Moskauer Luschniki Stadion eröffnet wird. 32 Teams kämpfen in acht Gruppen um den goldenen Weltpokal. Allen voran hat sich der Titelverteidiger, die deutsche Nationalmannschaft, gemäß ihres Mottos „Best never rest“ einiges vorgenommen. Alle sechs Tage werfen wir den Spot auf eine der Gruppen und schauen, welche Mannschaften die besten Chancen haben, wo es zu Überraschungen, aber auch zu Enttäuschungen kommen kann.
Heute nehmen wir uns die Gruppe D vor, die sogenannte “Todesgruppe”.
Von Florian Fabozzi
Island
WM Teilnahmen: keine
Größte Erfolge: EM-Viertelfinale 2016, WM-Qualifikation 2018
WM 2014: nicht qualifiziert
Spitzname: Strákarnir okkar (unsere Jungs)
Die Qualifikation:
Das Überraschungsteam der vergangenen EM bekam es in der Qualifikation mit Kroatien, Türkei, Ukraine, Finnland und Kosovo zu tun – eine ausgeglichene und tückische Gruppe. Die Truppe vom Nordatlantik bewies dabei eindrucksvoll, dass sie keine Eintagsfliege ist. Einen unerwarteten Ausrutscher erlaubten sie sich nur bei der 0:1-Niederlage gegen Finnland. Glatte Siege in den Duellen gegen die direkten Konkurrenten Ukraine (2:0) und Türkei (2:0 & 3:0) und der Last-Minute-Sieg gegen Kroatien waren der Schlüssel zum Gruppensieg für die Nordmänner, die zuhause nun schon seit 5 Jahren ungeschlagen sind.
Fast schon traditionell lassen die Testspielergebnisse zu wünschen übrig. Auf einer kurzen USA-Tour im März gab es klare Niederlagen gegen Mexiko (0:3) und Peru (1:3), wobei man beim zweiten Spiel mit einer B-Mannschaft antrat. Die Testspiele im Juni gegen Norwegen und Ghana werden mehr Aussagekraft haben. Dabei soll die Mannschaft aus Ghana mit ihrer physisch betonten Spielweise den Gruppengegner Nigeria simulieren.
Die Mannschaft:
Die isländische Stärke ist das gut eingespielte Kollektiv. Das Gerüst der Mannschaft besteht aus Spielern der goldenen Jahrgänge 1988, 1989 und 1990, die schon in den Juniorennationalmannschaften zusammenspielten und nun im besten Fußballeralter sind. Doch aktuell bangt ganz Island um seinen Spielmacher Gylfi Sigurdsson. Der 28-jährige, der im Sommer für eine Rekordablöse von 50 Millionen Euro zum FC Everton wechselte, laboriert derzeit noch an einer Knieverletzung. Der hierzulande bekannteste Spieler neben Gylfi Sigurdsson dürfte der Augsburger Alfred Finnbogason sein, der es diese Saison auf 12 Saisontore brachte. Zur goldenen Generation gehören auch Kapitän Aron Gunnarsson, bekannt für seine langen Einwürfe, vom englischen Zweitligaaufsteiger Cardiff City, Jóhann Berg Gudmundsson vom Premier-League-Überraschungsteam FC Burnley und der international erfahrene Birkir Bjarnason von Aston Villa. In der Abwehr setzt Trainer Hallgrimsson auf geballte Erfahrung. Der 35-jährige Weltenbummler Kári Árnason ist der Abwehrchef. Unterstützt wird er von Ragnar Sigurdsson, der beim russischen Erstligisten FK Rostov aktiv ist. Dort spielt ebenfalls der junge Sverrir Ingason, der von der Bank aus Druck auf die Stammverteidigung macht. Stammkeeper, wenn auch nicht mehr unumstritten, ist Hannes Thor Halldórsson vom dänischen FC Randers, der nebenbei als Filmregisseur tätig ist.
Die isländischen Spieler haben sich in ganz Europa ausgebreitet. Einige spielen in England, Deutschland, Italien und Russland, viele in zweitklassigen europäischen Ligen wie die schwedische, dänische und bulgarische Liga. In der heimischen isländischen Liga spielt lediglich der Rechterveteidiger Birkir Már Saevarsson.
Der Trainer:
Hauptverantwortlicher Trainer ist seit 2016 der 50-jährige Heimir Hallgrimsson. Während seine Spielerkarriere eher glanzlos verlief, arbeitete er fünf Jahre erfolgreich als Trainer beim heimischen Erstligisten IBV Vestmanneyjar. 2011 wurde er schließlich Assistenztrainer der Nationalmannschaft, an der Seite von der schwedischen Trainerlegende Lars Lagerbäck. Die beiden bildeten über fünf Jahre ein erfolgreiches Gespann und aus dem „Lehrling“ Hallgrimsson wurde ein routinierter Coach, der seit dem Rücktritts Lagerbäck dessen Arbeit erfolgreich weiterführt. Die Arbeit als Nationaltrainer ging auf Kosten seiner Tätigkeit als Zahnarzt, die nun pausieren muss.
Hallgrimsson gelang es der einstigen „Kick-and-Rush“-Mannschaft ein technisch solides Kurzpasspiel beizubringen. Doch gegen individuell überlegene Teams wird das isländische Team weiter eher mit langen Bällen und vor allem Standards versuchen, zum Erfolg zu kommen.
Die Stimmung:
Als die Qualifikation zur WM im Oktober in trockenen Tüchern war, feierten die Fans die ganze Nacht durch mit Feuerwerken und Schlachtrufen. Die Isländer haben eine enge Bindung zu ihrer Nationalmannschaft, was nicht nur durch das gemeinsame „Huh“-Ritual nach den Spielen zum Ausdruck kommt. Begünstigt wird das gute Verhältnis sicher durch die Gesellschaftsstruktur in dem winzigen Land der zur Folge fast jeder Einwohner Islands mit einem Spieler zumindest entfernt verwandt ist. Die Verbindung zwischen Mannschaft und Fans geht so weit, dass Trainer Hallgrimsson sie über taktische Maßnahmen informiert und sie in Gaststätten besucht Der Stolz der Nation ist ungebrochen. Island war ein ewiger Underdog und Prügelknabe und misst sich nun mit den besten der Welt – für viele noch immer ein unwirkliches Szenario. Mit knapp 330.000 Einwohnern (Zum Vergleich: In Bremen leben 540.000 Menschen) ist Island das kleinste WM-Land aller Zeiten. Etwa 10% dieser 330,000 Einwohner reisten zur EM nach Frankreich. Dieses Jahr beantragten sage und schreibe 20% der Einwohner Tickets für die WM-Spiele.